Rund 89** Kilogramm Fleisch (20 Prozent davon werden
entsorgt) verbraucht jeder Bundesbürger durchschnittlich pro Jahr. Damit hat
sich der Verbrauch innerhalb von 100 Jahren verdoppelt. Hinzu kommt, dass Deutschlands
Fleisch-Exporte in nur zehn Jahren um 250 Prozent auf 3,7 Millionen Tonnen (im
Jahr 2010) gestiegen sind. – Mit verheerenden globalen Folgen.
Unmengen von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, die für die
Futterproduktion eingesetzt werden (müssen), sowie Tonnen von Tierfäkalien führen
zu einer Überdüngung der Böden und verunreinigtem Grundwasser. Doch obwohl laut
Foodwatch bereits ca. 50 Prozent der gesamten deutschen Ernte in Tiermägen
verschwindet, muss rund ein Drittel des Futters importiert werden.
Die Folgen sind weitreichender als man zunächst annehmen
mag. Um die enorme Nachfrage nach Soja zu befriedigen – die EU ist zweitgrößter
Importeur – werden in Brasilien, Argentinien und Paraguay immer größere
Anbauflächen benötigt. Im Fleischatlas heißt es daher treffend: „Und da beginnt
das deutsche Rind am Regenwald zu nagen.“ Schätzungen des Weltagrarrates zu
Folge, beansprucht die Nutztierhaltung weltweit etwa 70 Prozent der gesamten
Agrarflächen.
Das klingt vielleicht utopisch, lässt sich aber besser
nachvollziehen, wenn man sich den Rohstoffeinsatz vor Augen führt, der
notwendig ist, um ein Kilogramm Fleisch herzustellen. Laut Berechnungen des WWF
verschlingt die Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch rund 6,5 Kilogramm
Getreide, 36 Kilogramm Raufutter (u.a. Grünfutter, Rüben, Silage, Heu, Stroh)
und 15.500 Liter Wasser (Trinkwasser, Stallreinigung und Futterproduktion).
Auf Grundlage dieser Zahlen, müsste Fleisch eigentlich ein
Luxusprodukt sein. Doch die weltweite Gier nach billigem Fleisch scheint
unstillbar. Dieses Verlangen führt unweigerlich zur Massentierhaltung. 40.000
Hühner oder 2.000 Schweine unter einem Dach, sind da längst keine Ausnahme
mehr. Mit einem Bauernhof haben diese Mastbetriebe jedoch kaum noch etwas
gemein.
Die katastrophalen Bedingungen der Massentierhaltung bergen
eo ipso die Gefahr von Krankheits- und Seuchenausbrüchen, die den gesamten Tierbestand
des Betriebs bedrohen. Aus diesem Grund ist der Einsatz von Antibiotika fast
schon obligatorisch. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) werden gesunden
Tieren mittlerweile mehr Antibiotika verabreicht als kranken Menschen. Studien
aus Niedersachen und Nordrhein-Westfalen stützen diese These. So setzen 82
Prozent der niedersächsischen Masthuhnbetriebe, 77 Prozent der
Mastschweinbetriebe und alle Mastkalbbetriebe Antibiotika ein.
Dieser Medikamentenmissbrauch führt zur Bildung
antibiotikaresistenter Bakterien. In einer von den Grünen im Dezember 2012 in
Auftrag gegebenen Studie wurden in 16 Prozent der Schweinemettproben (50 Proben
aus 10 dt. Städten) resistente Keime nachgewiesen. Die Ausbreitung solcher
antibiotikaresistenter Keime stellt eine enorme Gefahr für die Gesundheit dar.
Vermeintlich harmlose Infektionen könnten daher in naher Zukunft wieder lebensbedrohlich werden.
Die Auswirkungen der Fleischproduktion gehen weit über das
Leid der einzelnen Tiere hinaus. Es handelt sich um eine globale Katastrophe, mit
gravierende Folgen für die Umwelt sowie die Menschen. Und selbst wenn vielen das
Leid der Tiere egal sein mag, die systematische Zerstörung von Regenwald, der
Umwelt im Allgemeinen und die Schädigung der Gesundheit durch die
Fleischindustrie, sollte es nicht sein!
* Ein Kooperationsprojekt von Heinrich-Böll-Stiftung, Bund für Umwelt- und Naturschutz und Le Monde diplomatique.
** Wie diverse Medien wie Spiegel-Online, Sueddeutsche.de, Welt.de und Tagesschau.de unisono auf einen Pro-Kopf-Verzehr von 60 Kilogramm Fleisch kommen, obwohl sie sich ebenfalls auf den Fleischatlas berufen, ist mir indes ein Rätsel. Bei mir ergeben 89 Kilogramm abzüglich der 20 Prozent, die im Abfall landen, nämlich rund 71 Kilogramm. Da schreibt wohl einer vom anderen ab.
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