Samstag, 27. Oktober 2012

Abgekartetes Spiel mit PoliScan Blitzern

Angesichts des dritten Blitzmarathons in Nordrhein-Westfalen, erinnerte ich mich an eine ganz spezielle Strecke, die ich kürzlich gefahren bin. Auf einem Streckenabschnitt zwischen Bottendorf und Marburg (B252 und B3) passierte ich sage und schreibe 12 festinstallierte Blitzer. Zwei Wochen später erhielt ich den freundlichen Hinweis, einer hessischen Gemeinde eine kleine Spende zukommen zu lassen.

Die Strecke ist mir ohnehin in ziemlich schlechter Erinnerung geblieben. Einerseits wegen der zahlreichen Blitzer, andererseits weil es nur sehr schleppend voran ging und ich ständig hinter Lastwagen oder gar bäuerlichen Zugmaschinen herjuckeln musste. An ein gleißendes, rötliches Licht konnte ich mich indes nicht entsinnen. Wohl aber daran, wie mies die Blitzer platziert waren. Versteckt hinter Schildern oder in der Flucht von Bäumen und Straßenlaternen. Ohne entsprechende Warnhinweise, wären sie mir vermutlich gar nicht alle aufgefallen.

Versteckter TraffiTower in Bottendorf
PoliScan speed in Niederwetter
Versteckter TraffiTower in Münchhausen
PoliScan speed in Wetter

Doch als sei das nicht schon dreist genug, handelt es sich bei insgesamt sieben der zwölf Blitzer um einen ziemlich neuen Typus. Die sogenannte PoliScan speed Anlage erfasst nicht nur beide Fahrtrichtungen gleichzeitig, sie benötigt dazu weder Induktionsschleifen in der Fahrbahn, noch wird ein Blitz ausgelöst. Aus diesem Grund konnte ich mich auch nicht an einen Blitz erinnern. Es gab schließlich keinen. 

Wie soll denn der Fahrer sein „Fehlverhalten“ korrigieren können, wenn er gar nicht darauf hingewiesen wird? Ohne Blitz, keine Einsicht! Etliche dieser fiesen Anlagen stehen zwischen 22 Uhr und 6 Uhr sogar auf Tempo 30. Wer die Hinweisschilder übersieht, könnte so theoretisch für sieben Tempoüberschreitungen belangt werden, ohne dass er sich auch nur einer einzigen bewusst wäre. Rechtlich gesehen gäbe es sicherlich allen Anlass, dieses Worst-Case-Szenario als ein einziges Verkehrsvergehen zu ahnden, aber es kann sich ja nicht jeder einen Einspruch, ein Gerichtsverfahren und einen eigenen Gutachter leisten – nicht wahr, Herr Kahn?

Apropos Gutachter, wer sagt uns denn, dass diese Dinger tatsächlich korrekt auslösen? Die Messung ohne Induktionsschleife bei gleichzeitiger Erfassung beider Fahrtrichtungen dürfte selbst die ausgefeilte Laser-Technik vor gewisse Probleme stellen. Wie kann das Gerät die Geschwindigkeit von Autos auf der Gegenfahrbahn ermitteln, wenn diese durch andere Fahrzeuge verdeckt werden (siehe Bild)? Wer garantiert uns denn die zuverlässige und irrtumsfreie Funktion der Anlagen? Klar, der Hersteller. Was aber, wenn dieser zugleich auch Betreiber und Teilhaber der Anlage ist?

Wie der hr in einem defacto-Beitrag offenlegte, unterhält Vitronic genau diese Art von Geschäftsbeziehungen. Die klammen Kommunen bekommen die Anlagen nämlich kostenfrei gestellt. Im Gegenzug kassiert Vitronic fünf Euro pro Bußgeldbescheid. Das nennt man wohl eine Win-Win-Situation. In Münchhausen sorgen laut Bürgermeister vier TraffiTower für monatlich 5.000 verwertbare Fälle. Wenn wir die gleiche Quote für die sieben PoliScan Anlagen voraussetzen, hat Vitronic bereits nach 16 Monaten den kompletten Verkaufspreis von ca. 100.000 Euro pro Gerät erzielt. Zweifellos ein gutes Geschäft.

Um die Verkehrssicherheit geht es da schon lange nicht mehr. Ganz im Gegenteil, je mehr Autofahrer in die fiesen Fallen tappen, desto breiter das Grinsen bei den Vertragspartnern. Und so kommt es dann auch zustande, dass 34 Straßenkilometer zwischen Marburg und Bottendorf mit mittlerweile 17 Blitzern gepflastert sind. Zwar sprach sich selbst die Polizei gegen diesen Wahnsinn aus, wenn es um Geld geht, setzt die Vernunft jedoch allzu oft aus.

Versteckte Blitzer, die weder an Gefahrenstellen platziert werden, noch den Sünder überhaupt auf einen Verstoß aufmerksam machen, tragen sicherlich nicht zur Verkehrssicherheit bei. Sie dienen einzig und allein dem Zweck der Geldmacherei. Wer sollte diesem Wahnsinn Einhalt gebieten? Die Landespolitik? Sicher nicht, schließlich entlasten die Blitzer die Haushalte. Gewiss schadet es auch nicht, dass Vitronics Firmensitz in der Landeshauptstadt Wiesbaden liegt.

Eine so dreiste Abzocke ist wirklich das Allerletzte und bringt sicherlich nicht nur mich zur Weißglut...

Sonntag, 21. Oktober 2012

Fanatismus oder Diskriminierung?

In der vergangenen Woche berichtete Spiegel-Online über ein womöglich wegweisendes Urteil des Berliner Arbeitsgerichts im Kopftuchstreit. Ein Berliner Zahnarzt wurde zu einer Entschädigungszahlung in Höhe von 1470 Euro verurteilt, weil er einer muslimischen Bewerberin einen Job als Zahnarzthelferin nur unter der Prämisse anbot, dass diese ihr Kopftuch nicht bei der Arbeit trage. Obwohl das Urteil von März datiert, wurde es erst jetzt bekannt. 

Warum wird so ein Urteil erst ein halbes Jahr später publik? Der Fall ist zweifellos von großem öffentlichen Interesse, da das Urteil weitreichende Konsequenzen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer hat. Es ist das erste Urteil, das sich explizit auf die Privatwirtschaft bezieht. Alle bisher erfolgten Richtersprüche bezogen sich lediglich auf das Tragen von Kopftüchern im öffentlichen Dienst.

Warum also wird ein so wichtiges Urteil der Öffentlichkeit verschwiegen? Fürchtete das Gericht womöglich eine neue öffentliche Debatte? Wäre es nicht verpflichtend, die Bevölkerung über solch bedeutungsvolle Gerichtsurteile zu informieren? Von wegen „im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil“. Solche Urteile sind sicher nicht im Sinne des Volkes. Sie werden von Leuten gefällt, die sich stets auf die Seite der vermeintlich Schwachen und Unterdrückten schlagen und dabei jeglichen Sinn für die Realität verloren haben. Oftmals ist es aber auch die schiere Angst, die Richter dazu bewegt, im Sinne einer gewissen Minderheit zu entscheiden.

Doch werfen wir zunächst einen Blick auf das oben erwähnte Urteil. Es geht um das Tragen eines Kopftuches bei der Arbeit. Im Grunde lässt sich das Kopftuch auf zwei Weisen betrachten. Entweder es ist ein gewöhnliches Kleidungsstück ohne tiefere Bedeutung, oder es ist ein religiöses, mitunter auch politisches Symbol. In vielen beruflichen Umfeldern ist das Tragen gewisser Kleidung schlicht unangebracht. Dazu gehören in den meisten Fällen z.B. kurze Hosen, bauchfreie Tops, aber auch jegliche Kopfbedeckungen. Meines Wissens hat sich noch niemand angeschickt, gegen diese Vorschriften Klage zu erheben.

Handelt es sich jedoch um religiöse Kleidung bzw. ist das Tragen des Kopftuches eine religiöse Praktik, so wiegt der Fall anders. Als erstes dürfte sich hier doch die Frage stellen, was überhaupt unter religiöser Kleidung verstanden wird. Wenn das Kopftuch unter den Schutz der Religionsausübung fällt, müsste dies doch eigentlich auch für die Mönchskutte, ja sogar für die Burka gelten. Ist das Tragen einer Burka auf der Arbeit erlaubt? Wie kann und darf da rechtlich unterschieden werden? Ist es möglich das Tragen der einen religiösen Kleidung zu erlauben, während das einer anderen aber verboten wird?

Aufgrund der gesetzlich garantierten Religionsfreiheit, darf ich mich nicht nur frei für eine Religion entscheiden, es steht mir sogar frei, eine neue Kirche zu gründen. Anhänger des Pastafarianismus (Religions-Persiflage) betrachten das Tragen eines Nudelsiebs auf dem Kopf z.B. auch als Ausübung ihrer Religion. Es dürfte aber zumindest fraglich sein, ob das Berliner Arbeitsgericht auch dann im Sinne der Klägerin entschieden hätten, wenn diese um ihr Recht auf das Tragen eines Nudelsiebs bei der Arbeit gekämpft hätte.

Halten wir also fest: Rechtlich gesehen ist es unzulässig, zwischen Religionen zu unterscheiden. In der Konsequenz müsste Arbeitnehmern das Tragen jeglicher religiöser Kleidung und Symbole bei der Arbeit erlaubt werden. Einschließlich der verrücktesten und absurdesten überhaupt vorstellbaren Kleidung. Wo soll das enden?

Betrachten wir nun mal die Sicht des Arbeitgebers. Kein Unternehmen kann es sich leisten, die Wünsche, Vorstellungen und Erwartungen der Kunden zu ignorieren. Das betrifft selbstverständlich auch die Außendarstellung und insbesondere bei direktem Kundenkotakt auch das Auftreten und das äußere Erscheinungsbild der Repräsentanten. Man stelle sich nur mal vor, eine ungepflegte, womöglich sogar noch stinkende Person mit zahlreichen Gesichtspiercings, -Tattoos, grünen Haaren und schwarzen bis nicht vorhandenen Zähnen bewirbt sich als Hotelfachfrau/-mann und wird prompt wieder nach Hause geschickt.

Ist das auch Diskriminierung? Schließlich hatte diese reizende Person ja gar keine Chance sich zu beweisen und wurde schlicht aufgrund von Äußerlichkeiten abgelehnt. Was unterscheidet diese Person von der Kopftuchträgerin? Sind doch schließlich beides Menschen! – Der einzige Unterschied ist, dass die eine Person ihre Religion offen zur Schau stellt, während sie bei der anderen unerkennbar oder nicht vorhanden ist. Warum wird der Religion in einem säkularen Staat eine solche Sonderstellung eingeräumt? Warum kann und darf es Unterschiede bei der Diskriminierung aus religiösen und nicht religiösen Gründen geben?

Eines ist doch ganz klar: Potentiell setzt sich ein Arbeitgeber bei der Auswahl seiner Angestellten stets dem Verdacht der Diskriminierung aus. In vielen Fällen wird es mehrere Bewerber unterschiedlicher Geschlechter, Hautfarben, Religionen, Haar-, Augenfarben usw. geben. Soll nun jeder, der abgelehnt wurde aufgrund eines Alleinstellungsmerkmals Klage erheben können? Wo soll das enden?

Darüber hinaus muss die Frage gestattet sein, warum das Recht der Frau auf die Religionsausübung am Arbeitsplatz höher eingeschätzt wird, als das Recht des Zahnarztes, im Interesse seiner eigenen Praxis über die Arbeitskleidung seiner Angestellten zu entscheiden. Im Prinzip ist eine Arztpraxis auch nur ein Dienstleistungsbetrieb und steht folglich in Konkurrenz zu Mitbewerbern. Sollten Patienten Anstoß an besagtem Kopftuch nehmen, geht das zu Lasten der Praxis.

Sofern das Recht auf die Religionsausübung am Arbeitsplatz schützenswert, ja sogar von größerer Bedeutung als die Arbeit selbst ist, so stellt sich auch hier wieder die Frage, wo das enden soll. Wäre es auch noch vertretbar im Büro oder sonst wo stündlich einen Teppich auszurollen und zu beten? Ist das noch Bestandteil des Rechts auf freie Religionsausübung? Falls nicht, warum nicht?

Könnte es womöglich sein, dass sich Arbeitskollegen und Kunden durch die Religionsausübung am Arbeitsplatz gestört, provoziert oder gar verletzt fühlen? Ja, das kann sogar sehr gut sein. Das Kopftuch ist zweifellos ein Symbol einer fundamentalistischen, mitunter sogar fanatischen Auslegung der Religion. Es ist einer freiheitlichen, aufgeklärten und säkularen Gesellschaft diametral entgegengesetzt. Das Tragen kann also durchaus als politisches Statement und als Angriff auf diese Gesellschaft und ihr Wertesystem ausgelegt werden.

Allein die Tatsache, dass die Frau nicht einmal für einen Job bereit ist, das Kopftuch nur während dieser Tätigkeit abzulegen, zeugt doch von religiösem Fanatismus. Niemand wollte hier Einfluss auf ihr Privatleben, ihre Überzeugungen oder ihre Religion nehmen. Es ging lediglich um das Auftreten bei der Arbeit. In dieser Kultur, in unserer aufgeklärten Gesellschaft, ist das Tragen eines Kopftuchs bei der Arbeit schlicht unangebracht. Wem das Tragen eines Kopftuches wichtiger ist, als der Job selbst, respektiert die Werte und Normen dieser Gesellschaft nicht und ist nicht Willens, sich zu integrieren. Ein solcher Mensch zieht sich in eine Parallelgesellschaft zurück.

Einer religiösen Fanatikerin Schadensersatz zuzusprechen, weil sie nicht bereit ist, sich anzupassen und zu integrieren, ist ein Skandal! Religion ist Privatsache! Sie hat am Arbeitsplatz nichts verloren. Und das ist auch gut so. Die Urteilsbegründung öffnet dem Wahnsinn Tür und Tor. Wie ausführlich erläutert, lässt sich nahezu jeglicher Wahnsinn unter dem Deckmantel der Religion rechtfertigen. Kinder werden verstümmelt, Tiere auf bestialische Weise geschächtet, Hass und Intoleranz geschürt... Wo soll das alles enden?

Es ist Aufgabe des Staates, die Bürger vor diesem Wahnsinn zu schützen. Gesetze, wie auch Religionen sind dazu da, den Menschen zu dienen. Nicht umgekehrt!

Donnerstag, 18. Oktober 2012

Neues aus der Servicewüste

In der Vergangenheit habe ich mich schon einmal auf die Telekom eingeschossen. Freilich bieten Großkonzerne immer genügend Anlass zur Kritik, die Telekom spielt hier aber noch einmal in einer ganz anderen Liga. Es gibt wohl kaum ein anderes Dienstleistungsunternehmen, bei dem Anspruch und Wirklichkeit so weit auseinander liegen.

Die Telekom ist stets bemüht, sich als innovatives Lifestyle-Unternehmen zu präsentieren. Ob als Trikotsponsor des dt. Rekordmeister Bayern München oder durch pathetische Werbeclips wie z.B. mit Paul Potts. Es gilt die Prämisse, das eigene Image durch die Nähe zu erfolgreichen und beliebten Personen aufzupolieren. Die Beliebtheit hält sich dennoch in engen Grenzen. Dabei zählt die Marketing-Abteilung der Telekom zweifellos zum Besten, was der Konzern überhaupt zu bieten hat.

Der Privatkunde war und ist leider nur eine Melkkuh für die Telekom. Das gilt insbesondere für Festnetzkunden. Anders als im Mobilfunk-Sektor werden die Kunden hier übrigens nicht mehr von Servicemitarbeitern kontaktiert, um ihnen teure Zusatzleistungen zu verkaufen. Der Schuss ging nämlich nach hinten los. Durch die Kontaktaufnahme wurden die Kunden animiert, über den eigenen Vertrag nachzudenken. Sie stellten fest, über Jahre hinweg völlig überzogene Preise gezahlt zu haben. Das Ende vom Lied war, dass die Telekom so manche Kuh an Wettbewerber verlor oder Kunden in billigere Telekomtarife wechselten.

Diese kleine Anekdote steht sinnbildlich für die Geschäftspraktiken der Telekom. Komisch, heißt doch eine der fünf Konzernleitlinien: „Kunden begeistern“. Meines Erachtens sind damit kundenorientierte Leistungen und ein bestmöglicher Service untrennbar verbunden. Das impliziert natürlich auch, dass Kunden nicht als Milchvieh gesehen werden. Und genau da knirscht es im Gebälk.

Wie in einem früheren Post erwähnt, riet mir eine Servicemitarbeiterin der Telekom sogar zu einem Anbieterwechsel, sofern ich mit ihren Leistungen nicht zufrieden sei. Das war aber offenbar gar kein verbaler Ausrutscher, sondern tatsächlich die gängige Antwort auf Kundenunzufriedenheit. In dem konkreten Fall forderte ich von der Telekom Geld zurück, das diese illegalerweise für ihren kriminellen Vertragspartner Jamba eingezogen hatte (siehe hier: Die Telekom und die Kingeltonmafia - Part II).

Das war aber keineswegs der letzte Konflikt mit dem Kundenservice. Nach meinem Vertragsende ließ ich meine Karte zunächst auf Prepaid umstellen, um das Erscheinen des neuen iPhones abzuwarten. Ja, ja, dazu mag man sich denken, was man will... Als feststand, dass das iPhone nur im Netz der Telekom LTE beherrscht, war ich sogar willig, bei der Telekom zu verbleiben.

Ich versuchte den Vertrag online abzuschließen, um mir 10 Prozent Onlinerabatt zu sichern und natürlich auch, um nicht wieder an diese unfreundlichen und inkompetenten Hotline-Agenten zu geraten. Allerdings war mir die Portierung meiner Rufnummer nicht möglich. Also doch die Hotline anrufen.
„Ja, das geht online nicht. Ist aber kein Problem, machen wir!“
Mit keiner Silbe wurde hier erwähnt, dass mir dabei der Onlinerabatt (immerhin 120 Euro) durch die Lappen ginge. Erst auf meine Nachfrage hin wurde dies eingeräumt:
„Der Onlinerabatt ist natürlich nur online verfügbar. Den gewährt man Ihnen nur, wenn sie uns von der Hotline nicht benötigen.“
Sehr lustig, wenn das online machbar wäre, bräuchte ich die ja auch nicht.

„Komm ins beste Netz“, oder wie war das noch? Ich bin bereits Prepaid-Kunde, will nun einen Laufzeitvertrag abschließen und mir wird der übliche Rabatt verwehrt? Ich werde also praktisch als Kunde vergrault? Geht es noch absurder? Ich habe mich auch noch einmal schriftlich an den Kundenservice gewandt und mir wurde bestätigt, dass man mir nicht entgegenkommen könne. Dann müsse ich meine Drohung eben wahrmachen und wechseln. Nun gut, scheiß auf LTE, dann gehe ich eben zu Vodafone. Und was ich da erlebt habe, unterschied sich um Welten von den steifen, kundenunfreundlichen, unflexiblen und eben so gar nicht innovativen Praktiken der Telekom.

Zunächst wollte ich mich nur mal telefonisch erkundigen, aber ich wurde quasi so freundlich gebeten, gleich den Vertrag abzuschließen, dass ich gar nicht anders konnte. Meine Frage nach dem Onlinerabatt, wurde mit einem freundlichen Lachen quittiert.
„Onlinerabatt oder Neukundenrabatt oder wie auch immer. Nennen Sie's, wie Sie wollen. Aber es wäre doch wohl blöde, wenn Sie jetzt erst auflegen und das dann alles selbst machen müssten, wo ich doch gerade schon dabei bin. Also Rabatt ist dabei, ist doch selbstverständlich!“

So geht’s offenbar auch. Eine weitere Sprachflat in ein Netz meiner Wahl ist übrigens auch noch dabei. Das ist doch mal ein Wort! Bei dem Angebot und dem freundlichen Service, nehme ich die etwas geringere Netzqualität im Vergleich zum Marktführer doch gerne in Kauf.

Aufgrund schlechter Erfahrungen mit der Telekom, habe ich mir übrigens angewöhnt, meine Verträge direkt nach Abschluss wieder zu kündigen, um die Frist keinesfalls zu versäumen. Vodafone bot mir direkt eine Gutschrift über 25 Euro an, wenn ich die Kündigung vorerst zurückzöge. Und wenn der Vertrag dann tatsächlich ausliefe, würde man mir auch ein ganz individuelles neues Angebot unterbreiten können.

Wahnsinn, ich bin total geplättet. Wer hätte gedacht, dass sich die beiden schärfsten Konkurrenten im Mobilfunksektor so gravierend von einander unterscheiden? Vodafone scheint zu leben, was die Telekom lediglich vorgibt zu sein. Und während man sich bei der Telekom noch gegenseitig auf die Schulter klopft und sich selbst abfeiert, kümmert sich die Konkurrenz tatsächlich mal ernsthaft um die Bedürfnisse ihrer Kunden. Chapeau!

Sonntag, 14. Oktober 2012

Hunting for Witches

Früher jagte ihn die Konkurrenz durch französische Berglandschaften, heute jagt ihn die USADA (United States Anti-Doping Agency). Doch anders als früher, konnte er seinen Gegnern dieses Mal nicht davonfahren, diesmal nicht. Dieses Mal haben sie ihn zur Strecke gebracht. Die Rede ist natürlich von der Radsportlegende Lance Armstrong.

Der siebenmalige Tour-Sieger hat offenbar jahrelang exzessiv und systematisch Doping betrieben. Ach wirklich? Das ist ja schockierend! – Leider kann ich meine Empörung nicht gebührend zum Ausdruck bringen. Den Medien gelingt es irgendwie besser, sich künstlich zu echauffieren und die Verbrennung der Hexe zu fordern.

Aber ehrlich gesagt, ist es doch wenig überraschend und damit auch alles andere als skandalös. Doping im Spitzensport war und ist leider allgegenwärtig, vermutlich gar alltäglich. In der Leichtathletik stehen immer wieder Weltklasseathleten oder gar ganze Nationen im Verdacht, systematisch zu dopen. Es ist bekannt, dass Sportler der DDR, der Sowjetunion und auch der USA bei ihren Spitzenleistungen gedopt waren und dabei von Funktionären der Verbände unterstützt wurden.

Der Radsport ist in Sachen Doping da keine Ausnahme. Vielmehr ist er die Speerspitze. Sozusagen die Gourmet-Dopingküche des Sports. Nicht umsonst „leidet“ ein Großteil der Radprofis angeblich an Asthma. Zur Behandlung ist nämlich der Einsatz von Cortison und Steroiden legitim. Beides sind leistungssteigernde Substanzen.

In den drei Jahren bevor Lance Armstrong zum Tour-Dominator und Seriensieger avancierte, trugen sich Bjarne Riis, Jan Ullrich und Marco Pantani in die Liste der Titelträger ein. Alle drei wurden mittlerweile des Dopings überführt. Nach Armstrongs Rücktritt siegten unter anderem Alberto Contador und Floyd Landis bei der Tour de France. Beiden wurden die Triumphe nachträglich aberkannt.

Weitere Spitzenfahrer wie Fränk Schleck und Alexander Winokurow erhielten ebenfalls Dopingsperren. Letztgenannter gewann übrigens bei den diesjährigen Olympischen Spielen in London – mit stolzen 38 Lenzen – völlig überraschend das Straßenradrennen. Auch im deutschen Radstall Team Telekom, um die Spitzenfahrer Jan Ullrich und Eric Zabel, war Doping in den 90er Jahren nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

Die Annahme, dass sich überhaupt jemand in der Weltspitze des Radsports behaupten kann, ohne auf illegale Substanzen und Praktiken zurückzugreifen, scheint schlichtweg utopisch und naiv. Kann es daher überhaupt noch überraschen, dass auch der Rekordchampion gedopt war? Es darf nicht mehr überraschen! Armstrong und weitere Kollegen wurden sogar vom internationalen Radsportverband UCI gedeckt, um das Image des Sports nicht weiter zu ramponieren.

Der Radsport ist zweifellos ein unsauberer Sport und ein höchst unmoralisches Geschäft. Doch wird das systematische Doping nicht durch die Rollen der Ärzte, Funktionäre, Betreuer, Verbände und Sponsoren überhaupt erst ermöglicht? Letztendlich müssen die Fahrer sich natürlich auch gegenseitig schützen und nach außen dicht halten. Nur in einem solch abgeschlossenen System ist Doping in diesem Ausmaß möglich. Und doch ist der Fahrer vermutlich das kleinste Rädchen in der Doping-Maschinerie. Entweder er versucht alles, um in die Weltspitze vorzudringen, oder er verschwindet wieder in der Versenkung.

Die Jagd auf den Rekordchampion gleicht einer Hexenjagd. In puncto Doping ist er eben nicht die erhoffte Ausnahme, sondern die Regel. Ja, Lance Armstrong war bei seinen Siegen gedopt. Seine ärgsten Konkurrenten jedoch ebenfalls. Armstrong war ein unglaublich ehrgeiziger Sportler, der sich nach einer schweren Krebserkrankung an die Weltspitze gekämpft hat. Allein das nötigt mir höchsten Respekt ab. Und während sich sein langjähriger Konkurrent Jan Ullrich die Weihnachtsgans schmecken ließ und Pfunde anfutterte, saß Armstrong längst wieder im Sattel und bereitete sich verbissen und akribisch auf die nächste Tour vor.

Man muss ihm auch zugutehalten, dass er seine Triumphe sowie seine Popularität stets für gute Zwecke nutzte. So hat seine Krebsstiftung Livestrong beispielsweise seit ihrer Gründung im Jahr 1997 bereits mehr als 470 Millionen Dollar an Spendengeldern gesammelt. Unvergessen ist auch seine sportliche Fairness, als er bei der Tour 2001 nach einem Sturz Ullrichs auf diesen wartete.

Armstrong war ein absoluter Ausnahmeathlet und seinerzeit schlicht der Beste in einem unsauberen Sport. In einem Spiel mit gezinkten Karten, gewinnt immer ein Falschspieler. Armstrong hat das Spiel gewonnen, aber er ist weder der Kartengeber, noch der Erfinder des Spiels. - Hate the sin, not the sinner!

Die wahren Schuldigen sind die Ärzte, die diese gefährlichen, verbotenen Substanzen entwickeln und den Sportlern verabreichen, die Funktionäre und Teammanager, die ihre Fahrer gleichermaßen ermutigen und decken, sowie die Sponsoren, die das Doping finanzieren.

Erbärmlich sind auch Armstrongs ehemalige Weggefährten, die nun für die Anklage auftreten. Sie alle hatten jahrelang die Möglichkeit, sich des Dopings zu verweigern und/oder die Schuldigen anzuklagen. Aber sie duckten sich lieber weg, machten mit und genossen es, in Armstrongs Schatten zu Ruhm zu gelangen. Armstrong jetzt ans Messer zu liefern, nur um die eigene Haut zu retten, ist feige und rückradlos.

Die entbrannte Hetzjagd auf Armstrong ist schlichtweg verlogen. Als versuchte man einer Hydra den Kopf abzuschlagen. Armstrong ist zweifellos eine Ikone des Radsports, aber vor und nach ihm gab es andere, die auf die gleiche unsaubere Weise triumphierten. Und sie alle hatten Komplizen und Hintermänner, die das Dopen ermöglichten, finanzierten und verschleierten. Das Wohl und Wehe des Radsports hängt also nicht von einem Schuldspruch Armstrongs ab.

Dienstag, 9. Oktober 2012

Gartennazis und Lärmterroristen

Der Herbst ist da, die Blätter fallen. Doch lange bleiben sie nicht liegen, denn schon marschiert die Laubbläser-SS wieder durch Garten- und Parkanlagen. Bis an die Zähne bewaffnet mit Sturmgewehren Sturmgebläsen. Unter einem Höllenlärm werden Blätter, Kleinstlebewesen und deren Kot durch die Luft gewirbelt und zusammengetrieben.

Mindestens dreimal pro Woche kommen die Krachmichel hier zum Einsatz, um das Laub durch Gärten und Straßen zu prügeln. Der Schalldruck prallt dann mit ca. 80 dB gegen die Fensterscheiben. Diesem Lärm kann man sich nicht entziehen. An ein konzentriertes Arbeiten ist nicht mehr zu denken.

Der Stresspegel steigt, das Blut kocht und man wünscht sich, man wäre dem Schießverein doch noch etwas länger treu geblieben... Der Lärmverursacher lacht sich indes ins Fäustchen. Er ist nicht nur autorisiert, die Nachbarschaft zu terrorisieren, er wird dafür sogar bezahlt.

In den sonst so freiheitlichen USA sind die Höllenmaschinen übrigens in einigen Gemeinden bereits seit den Siebzigern verboten. Kein Wunder, dort hat schließlich fast jeder eine entsprechende Gerätschaft im Besitz, die mit den Störenfrieden kurzen Prozess machte. Und bei einer solch penetranten Lärmbelästigung aus dem Nachbargarten – die dem Schallemissionswert eines startenden Flugzeugs entspricht – verliert man schnell mal die Contenance. Wer würde da nicht Amok laufen?

Dass die Nutzung dieser Maschinen nicht nur unter ökologischen Gesichtspunkten eine Farce ist und der Schaden den Nutzen bei weitem übersteigt, liegt auf der Hand. Die Motoren entwickeln gesundheitsschädliche und stinkende Abgase, Exkremente von Kleinstlebewesen werden aufgewirbelt und gelangen so in die Atemluft, von der enormen Lärmbelästigung für Mensch und Tier ganz zu schweigen.

Lärm macht krank, das ist bekannt. Er fügt dem Gehör irreparable Schäden zu, verursacht Tinnitus, Schlafstörungen und begünstigt stressbedingte Krankheiten. Nicht umsonst dürfen diese Krachmichel nur mit Gehörschutz betrieben werden. Aber denkt vielleicht auch mal jemand an die anderen Menschen und Tiere in der Umgebung?

In meinem Fall werden die Lärmterroristen wie erwähnt bezahlt. Und das sogar unter anderem von mir. Das liegt daran, dass ich in einem Wohngebiet lebe, in dem nahezu jeder Gebäudekomplex über einen Hausmeister- und Gartenservice verfügt. Ich zahle also durch eine Kostenpauschale in meiner Miete auch noch für diesen Lärmterrorismus. Willkommen in Absurdistan! Eigentlich wäre es angebracht, meine Miete aufgrund der Lärmbelästigung zu mindern.

Aber damit nicht genug. Die Blitzbirnen des Hausmeisterservices veranstalten den Krach das ganze Jahr über. Selbst dann, wenn gar keine Blätter fallen. Dann kehren" sie mit den Dingern eben die Straße und Parkplätze. Fegen 2.0 oder so ähnlich. Sie werden ja schließlich bezahlt und müssen einen Arbeitsnachweis erbringen.

Dass diese Vollpfosten von Hausmeistern ihre Arbeit vollkommen widersinnig, ja geradewegs lächerlich falsch ausführen, scheint niemanden zu interessieren. So blasen sie das Laub beispielsweise einfach in Beete oder auf Rasenflächen. Auf diese Weise kann man sicher sein, dass beim kleinsten Windstoß auch wieder genug „Arbeit“ anfällt und der nächste Einsatz gewiss ist. Auf den Parkplätzen wirbeln sie durch den Luftdruck kleine Steine auf und schleudern sie mit enormer Wucht gegen den Autolack. - Ihr dämlichen Vollidioten, dafür gehörtet ihr auf den Stuhl!!!

Ich habe es schon mehrfach geschrieben, dieses System ist krank! Ich werde gezwungen, Lärmterroristen dafür zu bezahlen, mein Gehör zu schädigen, mich zu stressen und krank zu machen. Als Bonus zerkratzen sie mir auch noch meinen Autolack. Alles muss umweltfreundlicher und leiser werden: Autos, Kühlschränke, Fernseher, aber die Waffen der Gartnennazis werden lauter und dürfen Mensch und Natur terrorisieren. Das bringt mich echt zur Weißglut!

Im Übrigen werden die ursprünglichen Tätigkeiten eines Hausmeisterservices gerne vernachlässigt. So wurde die seit einem Jahr defekte Außenbeleuchtung des Hauseingangs, trotz mehrfacher Hinweise, noch immer nicht instand gesetzt. Ebenso wenig wird der Parkplatz im Winter von Schnee befreit. Diesen geistig hungerleidenden Akustikterroristen gehört wirklich mal gehörig der Marsch geblasen.

Donnerstag, 4. Oktober 2012

Verehrung der Einfältigkeit

Wie schlecht muss es um eine Gesellschaft bestellt sein, in der ein äußerst einfältiger junger Mann über Nacht berühmt wird, weil er bei Günther Jauch auf dem Ratestuhl saß? Dabei fiel er nicht etwa durch Wissen, Witz und Charme auf, vielmehr sorgten seine Torheit und der mehr als nachlässige Umgang mit der deutschen Sprache für Fremdschämmomente.
Und doch begeistern sich plötzlich Tausende für einen Berliner Kiosk-Besitzer. Menschen wollen Autogramme und Fotos, keine Zeitung, die nicht über ihn berichtet, über 20.000 Likes auf Facebook und weitere TV-Auftritte bei „Stern-TV“, „Markus Lanz“ und demnächst auch noch bei „Wetten dass?“.

Paradoxerweise scheint die Attraktion selbst noch der normalste Mensch in diesem Zirkus zu sein, schließlich ist ihm der Hype um seine eigene Person völlig schleierhaft. Sicher, das könnte auch dem mangelnden Intellekt geschuldet sein, doch was die Selbsteinschätzung betrifft, hatte Aaron Troschke im Talk mit Lanz einen Moment erstaunlicher Klarheit: „Ich kann absolut gar nichts“.

Wie Recht er damit doch hat. Nur Dank Jauchs wohlwollender Hilfe kam der Berliner darauf, dass ein Tunnelzug gedacht ist, die Hose am Körper zu halten oder dass das Wort „ungemein“ synonym zu „äußerst“ und „enorm“ genutzt wird. Rechnen gehört ebenfalls nicht gerade zu den Stärken des Kiosk-Besitzers, setzte er doch 10/9 mit 90 Prozent gleich.

Das war dann auch gleichzeitig das Signal für mich – trotz Langeweile – abzuschalten. Reicht es nicht, dass man sich in diversen Casting-Formaten schon über die Dummheit und die Talentfreiheit von Menschen lustig macht? Sollte das Fremdschämen auch fester Bestandteil von Quizsendungen sein? Warum überhaupt glauben ungebildete Menschen, in einer Sendung, in der es um Quizwissen geht, punkten zu können?

Wieso begeistern sich Menschen und Medien für einen solchen Kreisligaverstand? Einst verlor er seinen Job, weil er in einem Getränkemarkt arbeitend Pfandbetrug beging, für eine Beute von drei Euro. Doch anstatt eine solche Dummheit zu tadeln, erntete Troschke Applaus vom Publikum. Ein anderer Talkgast kommentierte die Aktion des Pfandbetrugs gar als „clever“. Und das frei von jeglicher Ironie!

Als wäre es nicht dumm genug, seinen Arbeitgeber zu betrügen und einen Jobverlust wegen drei Euro zu riskieren, war er ja auch noch so dumm, sich dabei erwischen zu lassen. Nein, „clever“ war das nun wirklich nicht und Beifall hat eine solche Handlung erst recht nicht verdient! Ebenso wenig Troschkes letzter Facebook-Post. Wie kann man die deutsche Sprache nur so vergewaltigen? Rechtschreibung ist doch kein Open Source Programm!

Eine Gesellschaft, die Dummheit und Einfältigkeit preist, ist krank. Sie suggeriert, dass es sich dabei um wünschenswerte Zustände handelt und setzt damit gefährliche und kontraproduktive Reize. Andererseits verleitet sie gebildete Individuen dazu, sich angewidert von der Gesellschaft abzuwenden. Womöglich schwebte Goethe eine solche Gesellschaft vor, als er Mephisto sagen ließ: „[...] alles, was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht.“
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