Warum wird so ein Urteil erst ein halbes Jahr später publik? Der Fall ist zweifellos von großem öffentlichen Interesse, da das Urteil weitreichende Konsequenzen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer hat. Es ist das erste Urteil, das sich explizit auf die Privatwirtschaft bezieht. Alle bisher erfolgten Richtersprüche bezogen sich lediglich auf das Tragen von Kopftüchern im öffentlichen Dienst.
Warum also wird ein
so wichtiges Urteil der Öffentlichkeit verschwiegen? Fürchtete das Gericht
womöglich eine neue öffentliche Debatte? Wäre es nicht verpflichtend, die
Bevölkerung über solch bedeutungsvolle Gerichtsurteile zu informieren? Von
wegen „im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil“. Solche Urteile sind sicher
nicht im Sinne des Volkes. Sie werden von Leuten gefällt, die sich stets auf
die Seite der vermeintlich Schwachen und Unterdrückten schlagen und dabei
jeglichen Sinn für die Realität verloren haben. Oftmals ist es aber auch die
schiere Angst, die Richter dazu bewegt, im Sinne einer gewissen Minderheit zu
entscheiden.
Doch werfen wir
zunächst einen Blick auf das oben erwähnte Urteil. Es geht um das Tragen eines
Kopftuches bei der Arbeit. Im Grunde lässt sich das Kopftuch auf zwei Weisen
betrachten. Entweder es ist ein gewöhnliches Kleidungsstück ohne tiefere
Bedeutung, oder es ist ein religiöses, mitunter auch politisches Symbol. In
vielen beruflichen Umfeldern ist das Tragen gewisser Kleidung schlicht
unangebracht. Dazu gehören in den meisten Fällen z.B. kurze Hosen, bauchfreie
Tops, aber auch jegliche Kopfbedeckungen. Meines Wissens hat sich noch niemand
angeschickt, gegen diese Vorschriften Klage zu erheben.
Handelt es sich
jedoch um religiöse Kleidung bzw. ist das Tragen des Kopftuches eine religiöse
Praktik, so wiegt der Fall anders. Als erstes dürfte sich hier doch die Frage
stellen, was überhaupt unter religiöser Kleidung verstanden wird. Wenn das
Kopftuch unter den Schutz der Religionsausübung fällt, müsste dies doch
eigentlich auch für die Mönchskutte, ja sogar für die Burka gelten. Ist das
Tragen einer Burka auf der Arbeit erlaubt? Wie kann und darf da rechtlich
unterschieden werden? Ist es möglich das Tragen der einen religiösen Kleidung zu
erlauben, während das einer anderen aber verboten wird?
Aufgrund der gesetzlich
garantierten Religionsfreiheit, darf ich mich nicht nur frei für eine Religion
entscheiden, es steht mir sogar frei, eine neue Kirche zu gründen. Anhänger des
Pastafarianismus (Religions-Persiflage) betrachten das Tragen eines Nudelsiebs
auf dem Kopf z.B. auch als Ausübung ihrer Religion. Es dürfte aber zumindest
fraglich sein, ob das Berliner Arbeitsgericht auch dann im Sinne der Klägerin
entschieden hätten, wenn diese um ihr Recht auf das Tragen eines Nudelsiebs bei
der Arbeit gekämpft hätte.
Halten wir also
fest: Rechtlich gesehen ist es unzulässig, zwischen Religionen zu
unterscheiden. In der Konsequenz müsste Arbeitnehmern das Tragen jeglicher
religiöser Kleidung und Symbole bei der Arbeit erlaubt werden. Einschließlich
der verrücktesten und absurdesten überhaupt vorstellbaren Kleidung. Wo soll das
enden?
Betrachten wir nun
mal die Sicht des Arbeitgebers. Kein Unternehmen kann es sich leisten, die
Wünsche, Vorstellungen und Erwartungen der Kunden zu ignorieren. Das betrifft
selbstverständlich auch die Außendarstellung und insbesondere bei direktem
Kundenkotakt auch das Auftreten und das äußere Erscheinungsbild der
Repräsentanten. Man stelle sich nur mal vor, eine ungepflegte, womöglich sogar
noch stinkende Person mit zahlreichen Gesichtspiercings, -Tattoos, grünen
Haaren und schwarzen bis nicht vorhandenen Zähnen bewirbt sich als
Hotelfachfrau/-mann und wird prompt wieder nach Hause geschickt.
Ist das auch
Diskriminierung? Schließlich hatte diese reizende Person ja gar keine Chance
sich zu beweisen und wurde schlicht aufgrund von Äußerlichkeiten abgelehnt. Was
unterscheidet diese Person von der Kopftuchträgerin? Sind doch schließlich
beides Menschen! – Der einzige Unterschied ist, dass die eine Person ihre Religion
offen zur Schau stellt, während sie bei der anderen unerkennbar oder nicht
vorhanden ist. Warum wird der Religion in einem säkularen Staat eine solche
Sonderstellung eingeräumt? Warum kann und darf es Unterschiede bei der
Diskriminierung aus religiösen und nicht religiösen Gründen geben?
Eines ist doch ganz
klar: Potentiell setzt sich ein Arbeitgeber bei der Auswahl seiner Angestellten
stets dem Verdacht der Diskriminierung aus. In vielen Fällen wird es mehrere
Bewerber unterschiedlicher Geschlechter, Hautfarben, Religionen, Haar-, Augenfarben
usw. geben. Soll nun jeder, der abgelehnt wurde aufgrund eines
Alleinstellungsmerkmals Klage erheben können? Wo soll das enden?
Darüber hinaus muss
die Frage gestattet sein, warum das Recht der Frau auf die Religionsausübung am
Arbeitsplatz höher eingeschätzt wird, als das Recht des Zahnarztes, im
Interesse seiner eigenen Praxis über die Arbeitskleidung seiner Angestellten zu
entscheiden. Im Prinzip ist eine Arztpraxis auch nur ein Dienstleistungsbetrieb
und steht folglich in Konkurrenz zu Mitbewerbern. Sollten Patienten Anstoß an
besagtem Kopftuch nehmen, geht das zu Lasten der Praxis.
Sofern das Recht
auf die Religionsausübung am Arbeitsplatz schützenswert, ja sogar von größerer
Bedeutung als die Arbeit selbst ist, so stellt sich auch hier wieder die Frage,
wo das enden soll. Wäre es auch noch vertretbar im Büro oder sonst wo stündlich
einen Teppich auszurollen und zu beten? Ist das noch Bestandteil des Rechts auf
freie Religionsausübung? Falls nicht, warum nicht?
Könnte es womöglich
sein, dass sich Arbeitskollegen und Kunden durch die Religionsausübung am
Arbeitsplatz gestört, provoziert oder gar verletzt fühlen? Ja, das kann sogar
sehr gut sein. Das Kopftuch ist zweifellos ein Symbol einer
fundamentalistischen, mitunter sogar fanatischen Auslegung der Religion. Es ist
einer freiheitlichen, aufgeklärten und säkularen Gesellschaft diametral
entgegengesetzt. Das Tragen kann also durchaus als politisches Statement und als
Angriff auf diese Gesellschaft und ihr Wertesystem ausgelegt werden.
Allein die Tatsache,
dass die Frau nicht einmal für einen Job bereit ist, das Kopftuch nur während
dieser Tätigkeit abzulegen, zeugt doch von religiösem Fanatismus. Niemand wollte
hier Einfluss auf ihr Privatleben, ihre Überzeugungen oder ihre Religion
nehmen. Es ging lediglich um das Auftreten bei der Arbeit. In dieser Kultur, in
unserer aufgeklärten Gesellschaft, ist das Tragen eines Kopftuchs bei der
Arbeit schlicht unangebracht. Wem das Tragen eines Kopftuches wichtiger ist,
als der Job selbst, respektiert die Werte und Normen dieser Gesellschaft nicht
und ist nicht Willens, sich zu integrieren. Ein solcher Mensch zieht sich in
eine Parallelgesellschaft zurück.
Einer religiösen
Fanatikerin Schadensersatz zuzusprechen, weil sie nicht bereit ist, sich
anzupassen und zu integrieren, ist ein Skandal! Religion ist Privatsache! Sie
hat am Arbeitsplatz nichts verloren. Und das ist auch gut so. Die Urteilsbegründung
öffnet dem Wahnsinn Tür und Tor. Wie ausführlich erläutert, lässt sich nahezu
jeglicher Wahnsinn unter dem Deckmantel der Religion rechtfertigen. Kinder
werden verstümmelt, Tiere auf bestialische Weise geschächtet, Hass und
Intoleranz geschürt... Wo soll das alles enden?
Es ist Aufgabe des
Staates, die Bürger vor diesem Wahnsinn zu schützen. Gesetze, wie auch
Religionen sind dazu da, den Menschen zu dienen. Nicht umgekehrt!
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