Samstag, 25. Mai 2013
Wembley und die Mär von Gut gegen Böse
Heute Abend ist es soweit, Deutschland erobert Wembley. Die Fußballwelt hat endlich wieder Angst vor uns. Wir holen den Pott, wir... Moment mal, so ein Nonsense! Was schreibe ich denn da? Fast hätte ich mir Fähnchen ans Auto gebastelt und schon mal den Motor warmlaufen lassen, für den Autokorso später. Irgendwer wird das Ding schließlich schon gewinnen, Hauptsache deutsch! Zum Glück bin ich aber noch rechtzeitig zu Sinnen gekommen.
Also schieben wir diesen seltsamen Eventpatriotismus doch mal kurz beiseite. Was wirklich zählt, ist doch, dass sich hier zwei wirtschaftlich gesunde Vereine gegen all diese Schuldenklubs und Milliadär-Spielzeuge durchgesetzt haben. Die großen europäischen Klubs drücken alle entweder hohe Verbindlichkeiten, wie Manchester United (446 Millionen Euro), FC Barcelona (320 Mio.), AC Mailand (306 Mio.) oder Real Madrid (125 Mio., Quelle: Sport1) oder aber sie haben ihre Seele an irgendwelche russischen Oligarchen bzw. arabische Scheichs verkauft, wie der FC Chelsea, Manchester City, Paris St. Germain oder der AS Monaco.
Das ist schon irgendwo unlauterer Wettbewerb. Und wenn man dann noch bedenkt, dass begehrte Spieler, wie Messi und Ronaldo Rekordgehälter von Klubs beziehen, die beim spanischen Staat in der Kreide stehen, während der wiederum seine Banken durch EU-Hilfen "retten" lassen muss, dann kann einem schon mal das Messer in der Hosentasche aufklappen.
Aber jetzt zum Finale. Einer repräsentativen Umfrage zufolge, fiebern heute 48 Prozent der Deutschen mit Dortmund und nur 21 Prozent mit dem FC Bayern. Dazu passt, dass Dortmunds Führungspersonal um Joachim "Aki" Watzke und Jürgen Klopp keine Gelegenheit auslässt, ihr Bild vom ungleichen Kampf David gegen Goliath zu verbreiten. Dort die bösen, reichen Bayern, die der Konkurrenz gnadenlos die besten Spieler wegkaufen und dort die guten Dortmunder, die mit begrenzten Mitteln eine junge Mannschaft aufgebaut haben, die den großen Bayern plötzlich Paroli bieten kann.
Mit der Wirklichkeit hat das aber nicht wirklich viel zu tun. Sind es nicht die Dortmunder, denen der Erfolg offenbar zu Kopf gestiegen ist und die sich mittlerweile zu echten Unsympathen entwickelt haben? Jürgen Klopp war mal der junge, positiv verrückte und sympathisch lockere TV-Bundestrainer, aber leider scheint ihn der Erfolg verändert zu haben. Heute präsentiert sich Klopp nicht selten verbissen, besserwisserisch, überheblich und vor allem selbstgefällig.
Als sich die Bayern in dieser Saison anschickten, in der Liga nichts anbrennen zu lassen, warf Jürgen Klopp den Bayern erstmals vor, den Spielstil von Dortmund kopiert zu haben. Wenn da mal nicht der Erfolgsneid Vater des Gedanken war. Oder hat der Provinztrainer aus Mainz etwa das Gegenpressing (schnelles Attackieren nach eigenem Ballverlust) anno 2010 höchst selbst erfunden? Sicher, das hat's bestimmt noch nirgendwo gegeben, das war brandneu! Sehr bescheiden, wirklich sehr bescheiden, was der Klopp nach zwei Meisterschaften und einem Pokalsieg so raushaut!
Aber damit nicht genug, als sich Reals Trainer Mourinho die Dortmunder gegen Fürth im Stadion anschaute, spottete Klopp über seinen Trainerkollegen in jedes Mikrofon, das ihm unter die Nase gehalten wurde. Dass Mourinho einer der erfolgreichsten Trainer der Gegenwart ist, bereits in vier Ländern Meister wurde und zwei Mannschaften zum Champions League Erfolg führte, reicht offenbar nicht aus, um Kloppos Anerkennung zu verdienen. Ein bisschen Demut und Respekt wären da doch angebracht!
Da sich Kloppo mittlerweile auch berufen fühlt, zu allem und jedem seinen Senf abzugeben, verwettete er vor dem Duell Bayern gegen Barcelona auch gleich seinen "Arsch" darauf, dass Sammer sich beim zukünftigen Bayern-Coach Guardiola über den FC Barcelona erkundigen würde. Mal ganz abgesehen davon, dass das überhaupt nicht Klopps Baustelle ist, war die Behauptung blanker Unsinn.
Was für Insiderwissen sollte der Ex-Trainer schon weitergeben können? Vielleicht was Messi gerne zum Frühstück isst? Der Fußballer ist doch heute gläsern genug. Neben Pass-, Zweikampf- und Laufstatistiken, gibt es sogar zu jedem Spieler Bewegungsprofile, die von den Scouts und Analysten des jeweiligen Gegners ausgewertet werden. Welche spielentscheidenden Tipps könnte ein Ex-Coach da noch geben?
Abgesehen davon beleidigte die bloße Anfrage doch schon den Trainer Guardiola. Man unterstellte ihm schlechten Stil, wen man ihm zutraute, seinem zukünftigen Arbeitgeber Interna über seinen Ex-Klub zuzuspielen. Also was soll das eigentlich, dass Klopp völlig unnötig Behauptungen aufstellt, von denen er nicht die geringste Kenntnis hat?
Den Vogel hat er aber erst kurz vor dem Finale abgeschossen, als er die Weltsympathien hinter sich und seiner Mannschaft wähnte. Schließlich seien sie doch die Guten. Da sollte sich wirklich noch mal jemand in Demut und Bescheidenheit üben, denn diese selbstherrliche Art ist ganz gewiss nicht sympathisch!
Dortmunds Vorstandschef Aki Watzke ist da aber auch keinen Deut besser. Erst heult er wochenlang rum, weil die Bayern ihm sein schönstes Sandförmchen (Mario Götze) für die festgeschriebene Ablösesumme von 37 Mio. Euro abgeluchst haben und dann wirft er ihnen in dieser Sache öffentlich auch noch schlechten Stil vor. Aber wer im Glashaus sitzt...
In der vergangenen Saison kauften die Dortmunder nämlich Marco Reus aus Gladbach auf die gleiche Art und Weise. Auch dort wurde Gladbach zuerst vom Spieler selbst über den Weggang informiert, wie Gladbachs Sportdirektor Max Eberl bestätigte. Aber Watzke wetterte weiter gegen die bösen Bayern. Dann beschwerte sich Schalkes Manager Horst Heldt, dass die Dortmunder sich um den Schalker Julian Draxler bemühten. Watzke dementierte und unterstellte Heldt, an Wahnvorstellungen zu leiden. Der Spieler selbst erklärte daraufhin, dass seine Berater sehr wohl eine Anfrage von Dortmund erhalten hätten. Ich glaube alle lügen, nur der Watzke nicht!
Jetzt der nächste tolle Fall. Der Spieler Sokratis von Bremen war schon mit Leverkusen einig, hatte dort seine Zusage gegeben und plötzlich grätscht Dortmund dazwischen und nimmt den Spieler unter Vertrag. Rechtlich offenbar alles korrekt, aber wie war das noch gleich mit dem schlechten Stil, Herr Watzke? Die Bayern haben also schlechten Stil, aber die Dortmunder sind die Guten, obwohl sie die gleichen Praktiken anwenden (Fall Reus), versuchen Spieler abzuwerben, ohne den anderen Verein zu informieren (Fall Draxler) und sogar Spieler dazu anstiften, ihre mündlichen Zusagen zu brechen (Fall Sokratis).
Es ist ja eine Sache, sich scheiße zu benehmen, aber anderen schlechtes Benehmen vorzuwerfen, während man sich selbst wie die Axt im Walde aufführt, das ist wirklich schlechter Stil und an Scheinheiligkeit nicht zu überbieten! Das ist die gleiche Bigotterie eines Uli Hoeneß in der Steueraffäre. Und genau deshalb sind Klopp und Watzke einfach nur Heuchler, die versuchen in der Öffentlichkeit ein Trugbild über Bayern und Dortmund zu zeichnen, das keiner objektiven Überprüfung standhält. Und wenn mich eines zur Weißglut bringt, dann sind es bigotte Wahrheitsverdreher!
Im Übrigen gehören beim FC Bayern mit Lahm, Alaba, Schweinsteiger, Müller und den zur Zeit verletzten Badstuber und Kroos ganze sechs Spieler aus der eigenen Jugend zum absoluten Stamm der Mannschaft. Lediglich Neuer, Dante, Van Buyten, Luiz Gustavo, Mandzukic, Pizarro und Gomez wurden der Bundesliga-Konkurrenz abgekauft. Bei Dortmund stehen dagegen mit Schmelzer, Sahin, Götze und Großkreutz nur vier Stammspieler aus der eigenen Jugend im Kader. Dem gegenüber stehen die Transfers von Weidenfeller, Subotic, Hummels, Kirch, Owomoyela, Piszczek, Kehl, Bender, Leitner, Gündogan, Reus und Schieber, mit denen die deutsche Konkurrenz geschwächt wurde.
Unterm Strich ist es also nicht etwa der böse FC Bayern, der nur bei der Konkurrenz wildert, sondern Dortmund. Und während bei Bayern in der Hinrunde alle sechs zuvor genannten Eigengewächse absolute Stammspieler waren, trifft das bei Dortmund nur auf Schmelzer und Götze zu. Folglich geht auch der Punkt Jugendarbeit ganz klar an Bayern.
Der Grund, warum die Bayern wirtschaftlich so überlegen sind, während die Dortmunder 40 Mio. Euro Verbindlichkeiten haben, ist übrigens der, dass letztgenannte um die Jahrtausendwende auf Biegen und Brechen versuchten, die Bayern als Ligakrösus abzulösen. Dabei wurden Gehälter und Transfersummen gezahlt (u.a. für Kehl, Rosicky, Koller, Amoroso und Ewerthon), die selbst die wirtschaftlich gut aufgestellten Bayern nicht bereit waren zu zahlen. Der Weg, mit jungen Spielern zu arbeiten, wurde also keineswegs freiwillig eingeschlagen, sondern war die Folge jahrelangen Missmanagements.
Meine Sympathien sind heute jedenfalls ganz klar auf Seiten der Bayern, einerseits, weil die Dortmunder ein ganz scheinheiliges Imagespiel betreiben und sich selbst als sympathischen Underdog stilisieren, was de facto nicht stimmt. Andererseits weil es die Bayern nach drei Finalteilnahmen in vier Jahren und der begeisternden Art, Fußball zu spielen in diesem Jahr einfach verdient haben, den Henkelpott zu gewinnen! Außerdem sind ja ohnehin "alle" für Dortmund, also halte ich mit dem eigentlichen Underdog (zumindest was die Sympathien angeht).
Und selbst wenn einem der Verein nicht sympathisch ist, Spieler wie Neuer, Lahm, Schweinsteiger, Martinez und die jungen Müller und Alaba sind es zweifellos. Sollten sie auch im Finale noch überzeugen können, dann wäre ihr Erfolg absolut verdient!
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Im Prinzip ist mir wurscht wer hier gewinnt, wirklich sauber, korrekt und ehrlich geht es heutzutage wohl nirgendwo zu. Und wenn jemand so wäre zöge er immer den Kürzeren.
AntwortenLöschenMir geht dieser ganze Rummel schon wochen- und tagelang sowieso auf die Nerven. Lenkt mal das tumbe Volk wieder von wichtigen Problemen ab.
Der Bessere soll gewinnen. Schlecht wären falsche Schiedsrichterentscheidungen, die dann im Endeffekt so ein Spiel entscheiden.
Dann viel Spaß beim Gucken
Ich würde mich schon als fußballinteressiert bezeichnen, aber ich bin weder Stadiongänger noch Fan. Ist im Prinzip auch mein erster Fußball-Post, aber diese Getue der Dortmunder geht mir wirklich so dermaßen gegen den Strich. Da war eine Gegendarstellung fällig!
LöschenIch habe ihnen die Erfolge der letzten zwei Jahre wirklich gegönnt, weil sie einfach guten Fußball gespielt haben und ich find's auch klasse, dass sie es bis ins Finale geschafft haben, den Sieg hat meiner Meinung nach aber heute Bayern verdient. Und zwar aus den geschilderten Gründen. Aber ein Triumph der Dortmunder würde mir jetzt auch keinesfalls die Stimmung verhageln...
Ich hoffe nur auf ein gutes, spannendes Spiel. Mögen sie uns große Unterhaltung bieten. :)
Nun haben wir es also hinter uns, dieses Spiel. Die Bayern habe schöne Tore geschossen. Dortmund konnte nicht dagegenhalten.
AntwortenLöschenWas mir die Freude am Spiel verdorben hat- zwei böse Tätlichkeiten von Ribery und Dante. In anderen Spielen sind schon Spieler wegen Nichtigkeiten vom Feld verwiesen worden. In diesem Spiel hat sich eben mal der Schiedsrichter vorgenmmen- in diesem Spiel fliegt keiner vom Platz. Also ein Freibrief für solches Verhalten.
OB sich was am Endergebnis geändert hätte sei dahingestellt, aber Regeln sollten schon eingehalten werden.
Da hat man einfach keine Lust mehr zuzuschauen.
Als Tätlichkeiten hätte man Riberys und Lewandowskis Aktionen werten können, Dantes Foul war maximal gelbwürdig. Insgesamt war es aber eine absolut faire Partie und da tat der Schiri gut daran, das Spiel nicht mit strittigen Entscheidungen kaputt zu pfeifen.
LöschenDas Spiel hatte wirklich alles, was ein Finale haben sollte. Viele Torszenen auf beiden Seiten, unglaubliche Spannung, tolle Stimmung und eben auch drei Tore. In meinen Augen haben sich die Teams ein super und vor allem sehr faires Match geliefert.
Übrigens fand ich auch Kloppos Reaktion sehr gut. Da ließ er endlich mal wieder Bescheidenheit und Demut erkennen. Seine Mannschaft hat ein gutes Spiel gemacht, hätte sogar in Führung gehen können, musste sich dann im Nachhinein jedoch etwas unglücklich, aber dennoch verdient geschlagen geben.
Und mir hat es großen Spaß gemacht zuzuschauen!