Sonntag, 30. Dezember 2012

Edel sei die Berichterstattung, hilfreich und gut!


Kürzlich hielt ich mal wieder den Beweis in den Händen, warum das Zeitungssterben nicht unbedingt schlecht sein muss. Obwohl, andererseits habe ich auch sehr gelacht. Folgendes war passiert. 

Das Westfalen-Blatt, ein Provinzblättchen mit einer Auflage von rund 120.000 Exemplaren, veröffentlichte am Freitag einen Leserbrief, der auf einen Artikel der Zeitungsausgabe vom 5. Dezember Bezug nahm. Reichlich spät also. Es ging um den tödlichen Angriff von Jugendspielern auf einen Amateur-Linienrichter in den Niederlanden.

Der Vorfall ist sicherlich jedem soweit bekannt. Jedenfalls bemängelte der Leser, dass die deutschen Medien und eben auch das Westfalen-Blatt in ihrer Berichterstattung die marokkanische Herkunft der Täter bewusst verschwiegen. Er hielt dies für eine Form der Zensur, eine Bevormundung der Leser, als ob diese nicht verantwortungsvoll mit der Information umgehen könnten.

Tatsächlich wird die Herkunft der Täter auch im Internet (deutschsprachige Seiten) nur auf der Website des schweizer Blicks, sowie in Blogs mit größtenteils zumindest zweifelhaften Motiven erwähnt. Wobei der Blick ähnlich wie unsere Bild-Zeitung auch nicht gerade den Ruf einer unabhängigen, unvoreingenommen und sauberen Berichterstattung genießt.

Soweit so gut. Das Westfalen-Blatt kann seine Gründe haben, die Herkunft der Täter zu verschweigen und genauso hat auch der Leser das Recht, seinen Unmut darüber kundzutun. Alles völlig wertneutral. Kurioserweise aber fügte die Zeitung dem Leserbrief eine Anmerkung der Redaktion hinzu, in der man sich auf ethisch-moralische Grundsätze und die Richtlinie 12.1 des Pressekodexes beruft. Dort heißt es:

"In der Berichterstattung über Straftaten wird die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt, wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründeter Sachbezug besteht. Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte.“

Die Redakteure des Westfalen-Blatts arbeiteten nach diesen Grundsätzen. Ach wirklich? Und da ist es niemandem eingefallen, dass die Veröffentlichung dieses Leserbriefs ja nun doch genau das öffentlich macht, was die Redaktion zuvor aus ihren ach so edlen Motiven verschwiegen hat? Das führt die Sache irgendwie ad absurdum, oder?

Entweder man spart die Herkunft aus oben erwähnten Gründen aus oder aber man wirft die Bedenken über Bord und gibt alle Informationen preis. Sich aber auf ethisch-moralische Grundsätze zu berufen und die Herkunft dann doch indirekt zu veröffentlichen, ist an Bigotterie nicht zu überbieten.

Hoffentlich bleibt uns dieses Blättchen mit seinen moralisch pflichtbewussten Redakteuren noch lange erhalten. Ganz gewiss fehlte uns sonst etwas. Wir alle hätten weniger zu lachen und ich einen Blog-Eintrag weniger. Liebes Westfalen-Blatt, mögest du auch im neuen Jahr deine edle Berichterstattung fortsetzen!

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