Sonntag, 30. Dezember 2012

Edel sei die Berichterstattung, hilfreich und gut!


Kürzlich hielt ich mal wieder den Beweis in den Händen, warum das Zeitungssterben nicht unbedingt schlecht sein muss. Obwohl, andererseits habe ich auch sehr gelacht. Folgendes war passiert. 

Das Westfalen-Blatt, ein Provinzblättchen mit einer Auflage von rund 120.000 Exemplaren, veröffentlichte am Freitag einen Leserbrief, der auf einen Artikel der Zeitungsausgabe vom 5. Dezember Bezug nahm. Reichlich spät also. Es ging um den tödlichen Angriff von Jugendspielern auf einen Amateur-Linienrichter in den Niederlanden.

Der Vorfall ist sicherlich jedem soweit bekannt. Jedenfalls bemängelte der Leser, dass die deutschen Medien und eben auch das Westfalen-Blatt in ihrer Berichterstattung die marokkanische Herkunft der Täter bewusst verschwiegen. Er hielt dies für eine Form der Zensur, eine Bevormundung der Leser, als ob diese nicht verantwortungsvoll mit der Information umgehen könnten.

Tatsächlich wird die Herkunft der Täter auch im Internet (deutschsprachige Seiten) nur auf der Website des schweizer Blicks, sowie in Blogs mit größtenteils zumindest zweifelhaften Motiven erwähnt. Wobei der Blick ähnlich wie unsere Bild-Zeitung auch nicht gerade den Ruf einer unabhängigen, unvoreingenommen und sauberen Berichterstattung genießt.

Soweit so gut. Das Westfalen-Blatt kann seine Gründe haben, die Herkunft der Täter zu verschweigen und genauso hat auch der Leser das Recht, seinen Unmut darüber kundzutun. Alles völlig wertneutral. Kurioserweise aber fügte die Zeitung dem Leserbrief eine Anmerkung der Redaktion hinzu, in der man sich auf ethisch-moralische Grundsätze und die Richtlinie 12.1 des Pressekodexes beruft. Dort heißt es:

"In der Berichterstattung über Straftaten wird die Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu religiösen, ethnischen oder anderen Minderheiten nur dann erwähnt, wenn für das Verständnis des berichteten Vorgangs ein begründeter Sachbezug besteht. Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte.“

Die Redakteure des Westfalen-Blatts arbeiteten nach diesen Grundsätzen. Ach wirklich? Und da ist es niemandem eingefallen, dass die Veröffentlichung dieses Leserbriefs ja nun doch genau das öffentlich macht, was die Redaktion zuvor aus ihren ach so edlen Motiven verschwiegen hat? Das führt die Sache irgendwie ad absurdum, oder?

Entweder man spart die Herkunft aus oben erwähnten Gründen aus oder aber man wirft die Bedenken über Bord und gibt alle Informationen preis. Sich aber auf ethisch-moralische Grundsätze zu berufen und die Herkunft dann doch indirekt zu veröffentlichen, ist an Bigotterie nicht zu überbieten.

Hoffentlich bleibt uns dieses Blättchen mit seinen moralisch pflichtbewussten Redakteuren noch lange erhalten. Ganz gewiss fehlte uns sonst etwas. Wir alle hätten weniger zu lachen und ich einen Blog-Eintrag weniger. Liebes Westfalen-Blatt, mögest du auch im neuen Jahr deine edle Berichterstattung fortsetzen!

Freitag, 21. Dezember 2012

Die Telekom-Odyssee - Part II


[...] Montagfrüh rief ich also direkt in dem Telekom Shop an, in dem ich die Xtra Karte erworben hatte, die angeblich gar nicht existiert. Schon als ich meine Kartennummer durchgab, konnte ich förmlich durch die Leitung riechen, dass mein Gesprächspartner nicht die geringste Ahnung hatte, wie er meinen Kauf nun rekonstruieren, geschweige denn das eigentliche Problem lösen sollte.

„Wissen Sie vielleicht noch wer der Verkäufer war?“
„Verzeihung, aber der wollte meinen Personalausweis sehen... Hätte ich etwa darauf bestehen sollen, dass mir der Verkäufer auch seinen zeigt? Ich kann Ihnen meine Kartennummer, Rufnummer und sogar die Uhrzeit des Kaufs nennen...“
„Ja ok, äääähm, ich kläre das mal und rufe sie dann innerhalb von zwei Stunden zurück, ok?“
„Ok ist das nicht, aber ich habe wohl keine Wahl...“


Eine Stunde später, dann der Rückruf eines anderen Shop-Agenten.
„[...] Sie haben um einen Rückruf gebeten?“
„Nein, ich habe darum gebeten, dass Sie endlich die Karte freischalten, die schon seit drei Tagen aktiv sein sollte.“
„Ähm ja, wir haben das mal nachgeprüft und eigentlich sollte das jetzt gehen. Wenn es in zwei Stunden nicht funktioniert, rufen Sie einfach noch mal die Hotline an.“


Glücklicherweise funktionierte es dann irgendwann. Aber das war noch lange nicht das Ende der Telekom-Odyssee. Als nächstes richtete ich den Onlinezugang ein. Überraschenderweise war dort mein Vater mit kompletter Anschrift als Karteninhaber gelistet. Ich habe nicht die geringste Ahnung, wie das passieren konnte, aber eines ist völlig klar, das war eine klassische Datenpanne.

Hätte ich einen Namen wie Schmidt oder Müller, wäre die Wahrscheinlichkeit, dass es jemanden getroffen hätte, mit dem ich nicht verwandt bin wohl weit höher. Jedenfalls wandte ich mich schriftlich an den Kundenservice und verlangte eine Erklärung. Was dann folgte, schlug dem Fass wahrlich den Boden aus. Die Telekom reagierte wie folgt. Und das ist wirklich kein Witz! Ich habe es schwarz auf weiß.

„Da die Daten unserer Kunden dem Datenschutz unterliegen, dürfen wir nur unseren Vertragspartner selbst über einen Vertrag informieren - oder andere Personen, wenn er zustimmt. Hierfür brauchen wir eine Vollmacht, die unser Vertragspartner unterschrieben hat.

Gern klären wir die offenen Fragen, wenn sich unser Vertragspartner selbst bei uns meldet oder Sie uns eine entsprechende Vollmacht senden.“


Soll man lachen oder weinen??? Ich weiß es wirklich nicht... Dumm wie fünf Meter Feldweg. Ich bin doch der verdammte Vertragspartner! Zumindest sollte ich es sein, wenn nicht irgendeine humanoide Minimalkonfiguration meinen Vater als solchen eingesetzt hätte.

Jetzt war ich doch etwas erregt und schrieb zurück:
„[...] Können Sie eigentlich lesen? Sind Sie der dt. Sprache mächtig? Verstehen Sie, was ich hier schreibe? Falls nicht, holen Sie bitte einen Kollegen mit Lesekompetenz oder versammeln Sie gleich die ganze Abteilung vor Ihrem Bildschirm. Hauptsache mein Anliegen wird von jemandem bearbeitet, der in der Lage ist, die Problematik zu verstehen...“

„[...] gern haben wir Ihr Anliegen geprüft.
Den Fehler bei der Aktivierung Ihrer Xtra Card bitten wir zu entschuldigen. Die Vertragspartnerdaten wurden durch uns entsprechend berichtigt.“



Kein Wort zur eigentlichen Panne. Keine Erklärung, keine Entschuldigung. Und entgegen der Behauptung dieser Antwortmail, wurde überhaupt nichts korrigiert. Alles war, wie vor meiner Kontaktaufnahme. Meine nächste empörte Antwort, ob dieser Kundenverarsche wurde schließlich einfach ignoriert. Seitdem hat sich nur eines geändert. Zum Onlinezugang existiere angeblich kein aktiver Vertrag mehr, heißt es nun im Login-Bereich.

Das bedeutete, dass diese Karte, mit der weiter eifrig telefoniert und gesimst wird, gar keinen Vertragspartner (Eigentümer) hat. Möglicherweise der Traum eines jeden Kriminellen, aber nicht meiner. Mein Vater hätte eigentlich auch von der Telekom unterrichtet werden müssen, dass seine Daten „versehentlich“ preisgegeben wurden, aber da kam gar nichts. Trotz mehrfacher Kontaktaufnahme, ist rein gar nichts geschehen.

Was soll man dazu noch sagen? Sicher sind Kundendaten bei der Telekom ganz offensichtlich nicht, aber sich hinter der Datenschutzregelung zu verstecken (die das Unternehmen überhaupt erst verletzt hat), um zu dem Vorfall keine Auskunft geben zu müssen, das setzt dem Ganzen wirklich die Krone auf.

Egal ob im Telekom Shop, in der Hotline oder per Mail, man gerät stets an irgendeinen grenzdebilen Vollpfosten, der nicht in der Lage ist, auch nur die einfachsten Zusammenhänge zu verstehen, geschweige denn Anliegen zur Zufriedenheit des Kunden zu erledigen. Man möchte fast glauben, die seien da alle miteinander verwandt. Der Begriff Stallgeruch gehörte in diesem Falle wesentlich enger gefasst. In diesem Verein scheint der Genpool äußerst eingeschränkt zu sein. Oder mit anderen Worten: Alles eine Wichse!!!

Mittwoch, 19. Dezember 2012

Die Telekom-Odyssee - Part I

Was die Internetverbindung betrifft sind viele ländliche Gegenden wahrlich nicht zu beneiden. Im Festnetz muss man häufig mit der Telekom vorlieb nehmen, die für ihren „Highspeed“ DSL-Anschluss mit satten 2000 kbit/s in etwa soviel verlangt, wie ein Städter für eine 50-Mbit-Verbindung bei der Konkurrenz berappt. Mobil schaut es da kaum besser aus. Zwar hat man zumindest die Wahl, allerdings erreicht man häufig nur im D1-Netz eine 3G-Verbindung. Und wenn wir ehrlich sind, eine EDGE-Verbindung ist nur leidlich besser als gar keine.

Nun wollte ich meiner werten Frau Mutter, die in einer dieser eben erwähnten ländlichen Gegenden lebt, mein altes iPhone inkl. Prepaid-Karte überreichen. Hierzu verschlug es mich (aus den oben dargelegten Gründen) in einen dieser Außenposten der Hölle mit magentafarbener Leuchtschrift.

Ich würde nur eben eine Karte kaufen, bezahlen und schon wäre ich wieder weg... Allein das stellte sich als folgenschwerer Irrtum heraus. Vier Angestellte befanden sich in mehr oder minder wichtigen Gesprächen. Die Dame vor mir ließ sich in aller Seelenruhe ihre Telefonrechnung erklären. Ich will doch nur etwas kaufen, in zwei Minuten bin ich doch wieder weg, bettelte ich in Gedanken um Nachsicht. Eine halbe Stunde später war es dann endlich so weit. Warum ich meinen Personalausweis vorlegen musste, erschloss sich mir zwar nicht, aber wenigstens konnte ich endlich bezahlen und bekam, wozu ich gekommen war.

Sim-Karte einlegen, iPhone einschalten, PIN freirubbeln und dann kann es auch schon losgehen. Ich hatte die Worte für die feierliche Übergabe schon auf den Lippen, als mir die Anzeige „kein Netz“ ins Auge fiel. Seltsam, warum wurde die PIN denn nicht abgefragt? Um es kurz zu machen, nichts half. Auch die Online-Aktivierung der Sim-Karte war nicht möglich. Und so begann die Odyssee...

Nach dem obligatorischen Kampf mit der automatischen Hotlinestimme, schilderte ich das Problem einem dieser grenzdebilen Hotline-Mitarbeiter.
„Haben sie denn schon die Aktivierungshotline angerufen?“
„Ich weiß nichts von einer Aktivierungshotline und in dem Beipackzettel steht davon auch nichts. Eigentlich erwarte ich, dass die Karte nutzbar ist, sobald ich den Shop verlassen habe. Oder ist das etwa zu viel verlangt? Im Übrigen, eine Online-Aktivierung war auch nicht möglich...“
„Online geht auch nicht. Sie haben die Karte ja in einem Shop gekauft... Warten Sie mal, ich verbinde Sie...“


„bla bla bla, was kann ich für Sie tun?“
„Ich habe eine Xtra-Karte in einem Shop gekauft, die offensichtlich nicht freigeschaltet wurde...“
„Haben Sie es schon in der Hotline versucht?“
„Wie jetzt? Was ist das denn hier?“
„Das ist die Bestellhotline.“
„Das ist jetzt ein Scherz, oder? Man hat mich doch gerade zu Ihnen weiterverbunden...“
„Das tut mir Leid, ich stelle Sie mal wieder zurück...“


Doch anstatt an die nächste Flitzpiepe zu geraten, landete ich wieder ganz am Anfang bei der Bandansage. Ganz ruhig, die können nichts dafür. Die Telekom hat wahrscheinlich nur ein soziales Projekt laufen, bei dem geistig benachteiligte Menschen eine Chance erhalten... Ruhig, alles wird gut. Also auf ein Neues...

„[...] Warten Sie bitte, ich prüfe das mal nach... Das ist ja komisch, die Nummer existiert nicht.“
„Wie existiert nicht? Mir wurde eine Karte verkauft, die nicht existiert?“
„Ja, offenbar hat Ihr Verkäufer die nicht ins System eingetragen.“
„Und jetzt?“
„Tja, da kann ich nichts machen. Jetzt ist ja auch niemand mehr im Laden. Dann müssen Sie mal nach dem Wochenende im Shop anrufen.“
„Gute Frau, ich weiß, dass das nicht Ihre Schuld ist, aber das darf doch alles nicht wahr sein, oder? Mir wird eine Karte verkauft, die nicht funktioniert, ich hänge nun mittlerweile seit einer Stunde in der kostenpflichtigen Hotline und habe absolut nichts erreicht. Kann man sich eigentlich noch schlechter präsentieren als die Telekom?“

„Ich verstehe Ihren Ärger vollkommen. Und wir in der Hotline sind nun mal Ihre Ansprechpartner...“

„Nun, der Fehler liegt eindeutig bei der Telekom, das haben Sie selbst eingeräumt. Was gedenken Sie denn nun zu tun, um mich als Kunden zu entschädigen? Mir ist ein zeitlicher wie monetärer Schaden entstanden.“
„Was möchten Sie denn?“
„Eine Gutschrift, was sonst?“
„Die kann ich Ihnen leider nicht geben. Aber ein Los der Aktion Mensch.“
„Die 20 Cent können Sie sich schenken! Wenn ich nicht zufälligerweise ein D1-Vertragshandy zur Hand hätte (mein Bruder versäumte es zu kündigen), kostete mich dieser Anruf sogar 14 Cent pro Minute. Ich will kein Los, ich will eine Gutschrift! Mir ist ein Schaden entstanden und deshalb fordere ich Entschädigung. Es geht hier ums Prinzip!“
„Wie gesagt, dazu bin ich leider nicht befugt, auch wenn ich Ihren Ärger durchaus verstehen kann.“


Was soll man dazu noch sagen? Offenbar ist sich die Telekom der Unfähigkeit ihrer Hotline-Mitarbeiter bewusst, weshalb sie diese mit null Kompetenzen ausstattet. Bei Vodafone hingegen ist Kundenzufriedenheit höchstes Gebot und Gutschriften oder individuelle Abmachungen gehören zum guten Ton.

„[...] Also gut, ich bin mit diesem ganzen Vorgang überhaupt nicht einverstanden. Und es kann doch nicht sein, dass so eine Beschwerde folgenlos bleibt, als hätte es sie nie gegeben. Geben Sie das bitte nach oben weiter. So kann man einfach nicht mit Kunden umgehen! Mich mit einem Los abspeisen zu wollen ist eine Frechheit. Und wenn ich Ihnen einen Rat geben darf, gehen Sie zu Vodafone, da dürfen sie auch Gutschriften gewähren...“

Drei Wochen später erhielt mein Bruder übrigens ein Los der Aktion Mensch. Kein Witz! Ich habe meinen Namen mehrfach genannt, erwähnt, dass ich glücklicherweise kein Telekom-Kunde mehr bin und mit einem fremden Telefon anrufe. Und was am wichtigsten ist, ich habe gesagt, dass ich kein dämliches Los haben will! Gut, streng genommen habe ich es ja auch nicht bekommen, aber ich denke, mein Standpunkt ist deutlich geworden.


Ich gebe gerne zu, dass meine Telekom-Erlebnisse so abstrus klingen, dass sie eigentlich gar nicht wahr sein können, aber es ist die Wahrheit. Und ich bin weder frustrierter Angestellter der Telekom (ich bin ja nicht grenzdebil), noch eines Konkurrenzunternehmens. Ich war ein ganz gewöhnlicher Kunde, bis mich die schier grenzenlose Unfähigkeit der Telekom in die Arme eines Wettbewerbers trieb. Und jetzt wollte ich doch nur meiner Mutter eine Freude machen...

Das Ganze Ausmaß des Wahnsinns war mir zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht einmal bewusst. Wie es weiter ging, verrät demnächst ein neuer Post.

Sonntag, 9. Dezember 2012

Er ist wieder da...

Die Nachricht von seinem Tode war stark übertrieben. Wir schreiben das Jahr 2011 und Adolf Hitler erfreut sich bester Gesundheit. Wie ein Terminator, durch Zeit und Raum geschickt, erwacht er in einem Berliner Hinterhof, um die Zukunft zu verändern. Es muss Vorsehung sein. Nach kurzer Eingewöhnungszeit schickt sich der Führer an, die Macht erneut zu ergreifen.

Mit der Zeit muss Adolf Hitler jedoch feststellen, dass sich in seiner 66 Jahre währenden Abwesenheit so einiges verändert hat. An Kiosken werden türkische Zeitungen verkauft, die Blitzreinigung heißt „Yilmaz“ und die Sprachkenntnisse der Jugend gleichen „einem Sprachverhau, von geistigem Stacheldraht durchzogen, von mentalen Granaten zerpflückt wie die Schlachtfelder der Somme.“

Es ist herrlich erfrischend, wie der Führer sich durch das Fernsehprogramm zappt und aus lauter Zorn über den gezeigten Wahnsinn, die Lust verspürt, mit der Flak mal ordentlich in das versammelte Lügengesindel eines Shoppingkanals hineinzuhalten. Und als ihm auf einem anderen Kanal zum wiederholten Male eine Stimme die Ereignisse der letzten fünf Minuten um die Protagonisten Cindy und Mandy zusammenfasst, schreit er den Fernseher an: „Ich bin doch nicht senil!“

Der erbärmliche Zustand des deutschen Volkes, der Medienlandschaft und der Politik, lassen für Hitler nur einen Schluss zu: Es bedarf der messerscharfen Analytik, der weitsichtigen Politik, der Erfahrung und der Herrschaft des Führers! Wer sonst sollte das deutsche Volk erretten? Etwa die klobige Kanzlermatrone „mit der zuversichtlichen Ausstrahlung einer Trauerweide“?

Über eine Ethno-Comedy-Sendung im Fernsehen bahnt sich der Führer seinen Weg zurück an die Spitze. Er verstand es schon einmal, das Volk hinter sich zu bringen. Warum sollte das nicht acht Jahrzehnte später erneut funktionieren?

Man sagt, der Unterschied zwischen einer Tragödie und einer Komödie, sei der Zeitfaktor. Und tatsächlich ist dieser Führer eine herrlich schräge Figur, die mit ihrer eigenen Logik, einer hervorragenden Rhetorik sowie exzellenter Menschenkenntnis und –führung besticht. Er spricht aus, was viele denken und wenn er mal wieder über das Ziel hinausschießt, so wird es ihm nachgesehen, weil er es schließlich in seiner vermeintlichen Rolle des Führers, als Kunstfigur, sagt.

Sein anfängliches Ansinnen, die Medien gleichzuschalten, verwirft der Führer schnell. Diese Medienlandschaft bedarf keiner Gleichschaltung. Die (freiwillige) gegenseitige Bespiegelung der Medien erfüllt den gleichen Zweck. Selbst die anfängliche Empörung der Bild-Zeitung über die geschmacklosen Hasstiraden des neuen Hitlers, nutzt dieser geschickt aus und enttarnt die Bild schließlich als das heuchlerische Schmierenblatt, das es ist.

Ein Höhepunkt ist zweifellos der Besuch der NPD-Parteizentrale. Holger Apfel und seine Anhängerschaft treiben dem Führer die Zornesröte ins Gesicht. Er bezeichnet die ganze Partei als „einzige Schande für das deutsche Volk“ und resümiert für die anwesenden Reporter: „Ein anständiger Deutscher hat hier nichts verloren.“ Und auch wenn der Führer es sicherlich anders gemeint hat, in der Sache mag man ihm hier gerne beipflichten.

Der Klappentext ist durchaus als Warnung zu verstehen. Tatsächlich ertappt sich der Leser dabei, wie er nicht über Hitler, sondern mit ihm lacht. Mehr noch, die Figur des Führers wirkt derart sympathisch, dass die Historizität der Verbrechen Adolf Hitlers in Vergessenheit zu geraten droht. Doch glücklicherweise hat Timur Vermes die wahnwitzige Rassenlehre, das menschenverachtende Weltbild und den Rassenhass seines Protagonisten nicht ausgespart.

Ein Kunstgriff des Autors, der dem Leser eine allzu große Identifikation mit der Figur unmöglich macht. Dem Führer selbst schaden seine Ansichten indes nicht, da im Kosmos des Romans niemand vermag, seine wahren Bestrebungen und Motive zu erkennen. Jeder hält ihn für eine schrullige Kunstfigur mit verblüffender Authentizität. Auf diesem Irrtum beruhen unzählige komische Situationen.

„Er ist wieder da...“ ist eine bitterböse Satire, die diese Gesellschaft in ihren Grundfesten erschüttert. Nun mag man sich sicher fragen, ob es tatsächlich der Figur Adolf Hitlers bedarf, um uns den Spiegel vorzuhalten. Und darf man überhaupt mit dieser Figur sympathisieren? Sicherlich hätte jeder andere intelligente Zeitreisende ebenso gut für eine solche Gesellschaftspersiflage herhalten können, der Führer aber verleiht dem Ganzen eine unnachahmliche humoristische Note.

Timur Vermes Erstlingsroman überzeugt auf ganzer Linie. So absurd die Handlung auch erscheinen mag, sie wirkt nie zu gestelzt und verkommt auch nicht zu reinem Klamauk. Die Komik basiert hier nicht etwa auf einer Verballhornung Hitlers - wie es in der Comedy-Welt schon fast üblich ist 
- sie entsteht durch die Interaktionen des Protagonisten mit seiner neuen Umwelt. Darüber hinaus gewinnt die Figur des Führers durch die zahlreichen historischen Rekonstruktionen enorm an Tiefe.

Die subtile, spitzzüngige, humoristische Form der Gesellschaftskritik macht „Er ist wieder da...“ zu einem heiteren Lesevergnügen.


Prädikat: absolut lesenswert

Montag, 3. Dezember 2012

Das DHL-Fiasko

Es kommt vor, dass man ein wichtiges oder zumindest ein lang erwartetes Paket persönlich in Empfang nehmen muss, da der Zusteller die Unterschrift des Empfängers benötigt. Glücklicherweise lässt sich das Zustelldatum dank der Sendungsverfolgung exakt bestimmen, so dass man sich diesen Termin freihalten kann – sollte man meinen.

Was aber, wenn sich das Paket laut Sendungsverfolgung im Zustellfahrzeug befindet, dieses aber direkt vor der eigenen Tür kehrt macht und davonfährt? Das klingt so unglaublich, dass es gar nicht wahr sein kann, nicht wahr sein darf! Ich habe schon oft gelesen, dass die überforderten Zusteller der DHL einfach ein Kärtchen in den Briefkasten werfen, ohne geklingelt zu haben, aber dass sie einfach wegfahren, das war mir neu.

Nun wohne ich in einer Sackgasse. Wenn der Fahrer diese also ansteuert, warum bringt er dann nicht auch alle Pakete in dieser Straße aus? Als ich den Fahrer am nächsten Tag freundlich fragte, ob er bereits gestern einen Zustellversuch unternommen hätte, wich dieser geschickt aus. „Gestern hatte ein Kollege die Route.“ – Elender Lügner! Und wegen dieses Zustellborats habe ich nun also meine Zeit verschwendet.



Zur Kontingenzbewältigung nutze ich, wann immer es möglich ist, eine Packstation. So bin ich wenigstens nicht vom Wohl und Wehe eines launischen Zustellers abhängig. Und bisher gab es da auch rein gar nichts zu beanstanden. Dann aber kam die DHL auf die grandiose Idee, ihre Packstationen auf das sogenannte mTAN-Verfahren umzustellen. Verkauft wurde die Umstellung als Vereinfachung des Systems und Verbesserung der Sicherheit.

Schön blöd nur, dass die Benachrichtigung über eine Sendung inkl. der neuen mTANs nicht wie üblich auch per Mail verschickt wurden, sondern ausschließlich per SMS. Wer keine Mobilnummer hinterlegt hatte, wurde gebeten die Hotline anzurufen. Eine andere Möglichkeit wie z.B. eine mTAN-Generierung im Login-Bereich war nicht möglich. Nach 30 Minuten in der Warteschleife brach ich entnervt ab. Es folgten zwei weitere Versuche. Einmal beendete der automatische Verbindungsabbruch die furchtbar nervige Warteschleifenunterhaltung, ein weiteres Mal gab ich nach über einer Stunde auf.

Meine schriftliche Bitte, mir eine mTAN an die nun aktivierte Mobilnummer zu senden, verlief ebenso erfolglos. Daraufhin ging das Paket „Return to Sender“. Ich wüsste zu gern, wie viele Mitarbeiter in dieser Ausnahmesituation für die Hotline eingeteilt waren. Zwei? Wer hat denn überhaupt so viel Zeit, stundenlang in der Warteschleife zu warten, um sich eine mTAN geben zu lassen?

Das Chaos an den Packstationen war da nur die logische Konsequenz. So etwas können sich auch wieder nur Leute mit einem mentalen Tunnelblick ausgedacht haben. Vereinfachung, Erhöhung der Sicherheit? Chaos! Diese Umstellung war in etwa so sinnvoll wie ein Brennholzverleih!

Da will uns die DHL mal wieder für vollkommen dumm verkaufen. Angeblich seien Kundendaten, entwendet und Packstationen von Kriminellen missbraucht worden. Wer’s glaubt. Bisher konnte man seine Sendungen nur dann auslösen, wenn man sich mit Karte und PIN bei der entsprechenden Packstation angemeldet hat. Die Wahrscheinlichkeit, eine vierstellige PIN zu erraten beträgt ca. 0,03 Prozent. Und selbst dann ist sie ohne die Karte völlig nutzlos. Das System entspricht somit dem einer EC-Karte. Wobei Kriminelle ja selbst im Besitz der Postkarte und der entsprechenden PIN noch nicht einmal wissen können, wann und wo eine Sendung vorliegt. Das wäre rein spekulativ. Ebenso wie der Wert der potentiellen Beute.

Der Aufwand für Kriminelle wäre extrem hoch, während sich der Ertrag in engen Grenzen halten dürfte. Da wäre es wohl lukrativer, die Packstationen mit der Haudrauf-Methode zu knacken und die Fächer einfach aufzubrechen. Wer glaubt da bitte die Mär des subtilen Datendiebstahls?

Den Nutzern der Packstationen wäre indes ohnehin kein materieller Schaden entstanden, zumal eine Standard-Paketsendung bis zu 500 Euro versichert ist. Aber die Umstellung war sicherlich ganz im Sinne des Kunden. Und natürlich merke ich mir meine kurzfristig zugesandte mTAN viel lieber als meine mir selbst ausgewählte persönliche PIN. Nur gut, dass solche Verfehlungen der Unternehmen in Zeiten von facebook und Twitter mit Shitstorms abgestraft werden. Allein interessieren wird es diese Quasi-Monopolisten nicht.

So richtig auf den Sack geht mir aber, dass mir eine solch durchschaubare Marketing-Aktion der DHL erzählen will, warum das neue System besser für mich ist und warum es mir zu gefallen hat. Diese ganze Vermarktungs- Verblendungsmaschinerie bringt mich echt zur Weißglut...

Montag, 12. November 2012

Absolute Mehrheit: Raabs Politainment-Show


ProSiebens Allzweckwaffe Stefan Raab wagte sich gestern mit seiner Sendung „Absolute Mehrheit“ nun auch auf politisches Terrain. Doch Polit-Talks gibt es bekanntlich schon bei den öffentlich-rechtlichen Sendern zur Genüge. Und um Raabs Stammpublikum für dieses Format zu begeistern, bedarf es dann doch gravierender Modifizierungen. Ein Raab allein reicht da nicht.

So versammelte Raab also vier mehr oder minder prominente Politiker und eine Jungunternehmerin auf seinem Sofa, die er dann breitbeinig und in gewohnter TV-Total-Manier zu drei Themengebieten interviewte. Währenddessen konnte das Publikum per Anruf oder SMS kostenpflichtig für die Gäste abstimmen. Sofern es einem Gast gelingt nach drei Runden mehr als 50 Prozent der Stimmen hinter sich zu bringen, winken 100.000 Euro Preisgeld.

Ein irgendwie äußerst skurriles Format, das bereits im Vorfeld auf viel Kritik stieß. Votings sind den Zuschauern des Privatfernsehens zwar alles andere als fremd (hier hat sich die Unterhaltungsindustrie vor langer Zeit eines politischen Instruments bedient), doch geht es dabei üblicherweise darum, die Gewinner diverser Castingshows zu küren oder C-Prominenz zum Kakerlaken-Wettessen antreten zu lassen. Dass politische Akteure allerdings in einem TV-Studio um ein Preisgeld und die Gunst des Publikums konkurrieren, das hat schon etwas von einem Gladiatorenkampf im Kolosseum, mit Raab als Imperator.

Insbesondere Talkgast Jan van Aken (Die Linke) schien tatsächlich – einem Gladiator gleich - um sein (politisches) Überleben „kämpfen“ zu wollen. Immer wieder wandte er sich dem Publikum direkt zu, als bettelte er geradewegs um Anerkennung. Gerade bei ihm wäre es spannend gewesen, zu erfahren, was er mit dem Preisgeld angestellt hätte. Es scheint jedenfalls ähnlich wie bei den Bochumer Stadtwerken keine Spendenvereinbarung zu existieren.

Leider blieb die spannendste Frage des Abends (Verwendungszweck des Preisgelds) jedoch unbeantwortet, da niemand die „absolute Mehrheit“ hinter sich bringen konnte. Ansonsten langweilte der Talk mit den üblichen politischen Phrasen („Wenn wir dieses Land sozial gestalten wollen, brauchen wir ein Bündnis der Starken und der Schwachen.“ – Thomas Oppermann (SPD)) und aufreizend polemischen Einspielfilmchen. Michael Fuchs (CDU) analysierte dann noch messerscharf die Sonnenscheindauer Andalusiens und Griechenlands. Dort scheint die Sonne nämlich (wer hätte das gedacht?) öfter/länger als hierzulande und daher wäre die Solarstromausbeute dort auch viel höher. Logisch, oder?!

Eine wirklich interessante Diskussion hätte aber ohnehin nie wirklich aufkommen können, weil Raab alle fünf bis acht Minuten einfach unterbrach, um mit Peter Limbourg die spannenden Zwischenstände im Zuschauer-Voting zu verkünden. Letztgenannter konkurrierte zwar nicht um das Preisgeld, wollte sich aber wohl unbedingt für die goldene Kniescheibe bewerben. „Sie können auch Politik“, schmeichelte er Raab, als gehörte diesem mittlerweile die ganze Sendergruppe.

Unter dem Quotenaspekt (11,6 Prozent Marktanteil) mag der Auftakt ja durchaus geglückt sein, inhaltlich war es aber lediglich ein weiterer Schritt in der Entertainisierung der Politik. Es ziemt sich einfach nicht für einen Volksvertreter, in Raabs TV-Arena um ein Preisgeld zu kämpfen. Andererseits wirkt Raab, der sonst mit Sendungen wie „TV Total Turmspringen, Pokerstars, Wok-WM, Quizboxen, Autoball oder BallBall“ aufwartet, als Polit-Talker wenig authentisch. Kurzum, die Sendung „Absolute Mehrheit“ ist sicherlich kein Gewinn für die TV-Landschaft, sondern absolut entbehrlich. 

Donnerstag, 8. November 2012

The Divided States of Whatever


Vier Jahre ist es nun her, da hingen Millionen Menschen an den Lippen eines jungen, dynamischen Präsidentschaftskandidaten. Er schenkte ihnen den Glauben an eine bessere Zukunft. Nicht nur für Amerika, sondern für die ganze Welt. „Yes We Can.“ Selten zuvor vermochte es ein amerikanischer Präsidentschaftskandidat selbst in Europa regelrechte Jubelstürme zu entfachen.

Doch längst ist Ernüchterung eingekehrt. Obama ist ergraut, im Wahlkampf wirkte er teilweise müde. Vom Glanz vergangener Tage ist nicht mehr viel übrig geblieben. Und so liest sich auch seine Bilanz. Der große Wandel ist ausgeblieben.
Man mag ihm gar nicht so recht ankreiden, dass er an seinen eigenen hohen Ansprüchen gescheitert ist. Vermutlich hatte sich Obama selbst mehr von seiner Präsidentschaft versprochen.

Die Republikaner verfügen auch weiterhin über eine Mehrheit im Repräsentantenhaus und fahren eine Art Blockadepolitik. Das ist uns auch in Deutschland nicht unbekannt. Sofern die Regierung im Bundesrat über keine Mehrheit verfügt, werden diverse Vorhaben durch die Opposition blockiert. Reformen lassen sich so nur schwer realisieren. Dabei erfordert die Krise ganz gravierende Veränderungen.

Amerika ist ein tief gespaltenes Land, das zeigt auch das denkbar knappe Wahlergebnis. Und das, obwohl der republikanische Kandidat Romney selbst in seiner eigenen Partei nicht als unumstritten galt. Während Obama vor allem in der Wählergunst der schwarzen Bevölkerung und der Latinos vorne liegt, tendiert die weiße Landbevölkerung traditionell eher zu den Republikanern.

In kaum einer Frage herrscht Einigkeit. Staatshaushalt, Gesundheitsreform, Wirtschaft, Steuern, Waffengesetze, Israel, Iran-Krise, in keinem einzigen Punkt scheint ein politischer Konsens möglich. Wie soll ein Land, das innerlich so zerrissen ist, die Welt führen? Und dieser Anspruch liegt im amerikanischen Selbstverständnis.

Tatsächlich aber mag man sich fragen, warum sich die Amerikaner noch immer als „Greatest Nation on Earth“ bezeichnen. Ein völlig überteuertes und dazu ineffektives Gesundheitssystem, ein marodes Bildungssystem, das öffentliche Verkehrswesen erinnert streckenweise an das eines Entwicklungslandes, bei Wahlen müssen die Menschen zum Teil stundenlang ausharren, die letzten beiden Kriege (Afghanistan und Irak) gerieten zu einer Farce, eine tiefe Kluft zwischen Reich und Arm und nach einem Hurrikan bleibt selbst Manhattan wochenlang ohne Strom.

Worauf seid ihr nur so verdammt stolz liebe Amis? Vom amerikanischen Traum ist nichts mehr übrig geblieben. Ihr seid keine geeinte Nation mehr und euer Führungsanspruch in der Welt rührt aus längst vergangenen Tagen. Die soziale Mobilität ist geringer als in den meisten anderen Industrieländern. Von wegen vom Tellerwäscher zum Millionär. Die oberen zehn Prozent teilen rund 50 Prozent des Gesamteinkommens unter sich auf. Der Sozialstaat wurde sukzessive abgebaut, während ein Strafstaat aufgebaut wurde. Die Gefängnisse fungieren als Staubsauger für den „Sozialmüll“.

Ob Obama die gravierenden Probleme lösen und die gespaltene Nation wieder vereinen kann, erscheint mehr als fraglich. Wir aber haben unsere eigene Krise in Europa und genügend schier unlösbare Probleme vor der eigenen Tür. Warum schauen wir noch immer hoffnungsvoll über den großen Teich? Freilich, irgendwie ist Amerika überall, ob wirtschaftlich oder kulturell. Aber wir haben uns viel zu sehr angewöhnt, Amerika nachzueifern und so selbst diverse Fehlschüsse und gesellschaftliche Probleme ungefiltert adaptiert. Der große Bruder liegt im Sterben. Es ist Zeit, erwachsen zu werden und einen eigenen Weg zu gehen.

Samstag, 27. Oktober 2012

Abgekartetes Spiel mit PoliScan Blitzern

Angesichts des dritten Blitzmarathons in Nordrhein-Westfalen, erinnerte ich mich an eine ganz spezielle Strecke, die ich kürzlich gefahren bin. Auf einem Streckenabschnitt zwischen Bottendorf und Marburg (B252 und B3) passierte ich sage und schreibe 12 festinstallierte Blitzer. Zwei Wochen später erhielt ich den freundlichen Hinweis, einer hessischen Gemeinde eine kleine Spende zukommen zu lassen.

Die Strecke ist mir ohnehin in ziemlich schlechter Erinnerung geblieben. Einerseits wegen der zahlreichen Blitzer, andererseits weil es nur sehr schleppend voran ging und ich ständig hinter Lastwagen oder gar bäuerlichen Zugmaschinen herjuckeln musste. An ein gleißendes, rötliches Licht konnte ich mich indes nicht entsinnen. Wohl aber daran, wie mies die Blitzer platziert waren. Versteckt hinter Schildern oder in der Flucht von Bäumen und Straßenlaternen. Ohne entsprechende Warnhinweise, wären sie mir vermutlich gar nicht alle aufgefallen.

Versteckter TraffiTower in Bottendorf
PoliScan speed in Niederwetter
Versteckter TraffiTower in Münchhausen
PoliScan speed in Wetter

Doch als sei das nicht schon dreist genug, handelt es sich bei insgesamt sieben der zwölf Blitzer um einen ziemlich neuen Typus. Die sogenannte PoliScan speed Anlage erfasst nicht nur beide Fahrtrichtungen gleichzeitig, sie benötigt dazu weder Induktionsschleifen in der Fahrbahn, noch wird ein Blitz ausgelöst. Aus diesem Grund konnte ich mich auch nicht an einen Blitz erinnern. Es gab schließlich keinen. 

Wie soll denn der Fahrer sein „Fehlverhalten“ korrigieren können, wenn er gar nicht darauf hingewiesen wird? Ohne Blitz, keine Einsicht! Etliche dieser fiesen Anlagen stehen zwischen 22 Uhr und 6 Uhr sogar auf Tempo 30. Wer die Hinweisschilder übersieht, könnte so theoretisch für sieben Tempoüberschreitungen belangt werden, ohne dass er sich auch nur einer einzigen bewusst wäre. Rechtlich gesehen gäbe es sicherlich allen Anlass, dieses Worst-Case-Szenario als ein einziges Verkehrsvergehen zu ahnden, aber es kann sich ja nicht jeder einen Einspruch, ein Gerichtsverfahren und einen eigenen Gutachter leisten – nicht wahr, Herr Kahn?

Apropos Gutachter, wer sagt uns denn, dass diese Dinger tatsächlich korrekt auslösen? Die Messung ohne Induktionsschleife bei gleichzeitiger Erfassung beider Fahrtrichtungen dürfte selbst die ausgefeilte Laser-Technik vor gewisse Probleme stellen. Wie kann das Gerät die Geschwindigkeit von Autos auf der Gegenfahrbahn ermitteln, wenn diese durch andere Fahrzeuge verdeckt werden (siehe Bild)? Wer garantiert uns denn die zuverlässige und irrtumsfreie Funktion der Anlagen? Klar, der Hersteller. Was aber, wenn dieser zugleich auch Betreiber und Teilhaber der Anlage ist?

Wie der hr in einem defacto-Beitrag offenlegte, unterhält Vitronic genau diese Art von Geschäftsbeziehungen. Die klammen Kommunen bekommen die Anlagen nämlich kostenfrei gestellt. Im Gegenzug kassiert Vitronic fünf Euro pro Bußgeldbescheid. Das nennt man wohl eine Win-Win-Situation. In Münchhausen sorgen laut Bürgermeister vier TraffiTower für monatlich 5.000 verwertbare Fälle. Wenn wir die gleiche Quote für die sieben PoliScan Anlagen voraussetzen, hat Vitronic bereits nach 16 Monaten den kompletten Verkaufspreis von ca. 100.000 Euro pro Gerät erzielt. Zweifellos ein gutes Geschäft.

Um die Verkehrssicherheit geht es da schon lange nicht mehr. Ganz im Gegenteil, je mehr Autofahrer in die fiesen Fallen tappen, desto breiter das Grinsen bei den Vertragspartnern. Und so kommt es dann auch zustande, dass 34 Straßenkilometer zwischen Marburg und Bottendorf mit mittlerweile 17 Blitzern gepflastert sind. Zwar sprach sich selbst die Polizei gegen diesen Wahnsinn aus, wenn es um Geld geht, setzt die Vernunft jedoch allzu oft aus.

Versteckte Blitzer, die weder an Gefahrenstellen platziert werden, noch den Sünder überhaupt auf einen Verstoß aufmerksam machen, tragen sicherlich nicht zur Verkehrssicherheit bei. Sie dienen einzig und allein dem Zweck der Geldmacherei. Wer sollte diesem Wahnsinn Einhalt gebieten? Die Landespolitik? Sicher nicht, schließlich entlasten die Blitzer die Haushalte. Gewiss schadet es auch nicht, dass Vitronics Firmensitz in der Landeshauptstadt Wiesbaden liegt.

Eine so dreiste Abzocke ist wirklich das Allerletzte und bringt sicherlich nicht nur mich zur Weißglut...

Sonntag, 21. Oktober 2012

Fanatismus oder Diskriminierung?

In der vergangenen Woche berichtete Spiegel-Online über ein womöglich wegweisendes Urteil des Berliner Arbeitsgerichts im Kopftuchstreit. Ein Berliner Zahnarzt wurde zu einer Entschädigungszahlung in Höhe von 1470 Euro verurteilt, weil er einer muslimischen Bewerberin einen Job als Zahnarzthelferin nur unter der Prämisse anbot, dass diese ihr Kopftuch nicht bei der Arbeit trage. Obwohl das Urteil von März datiert, wurde es erst jetzt bekannt. 

Warum wird so ein Urteil erst ein halbes Jahr später publik? Der Fall ist zweifellos von großem öffentlichen Interesse, da das Urteil weitreichende Konsequenzen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer hat. Es ist das erste Urteil, das sich explizit auf die Privatwirtschaft bezieht. Alle bisher erfolgten Richtersprüche bezogen sich lediglich auf das Tragen von Kopftüchern im öffentlichen Dienst.

Warum also wird ein so wichtiges Urteil der Öffentlichkeit verschwiegen? Fürchtete das Gericht womöglich eine neue öffentliche Debatte? Wäre es nicht verpflichtend, die Bevölkerung über solch bedeutungsvolle Gerichtsurteile zu informieren? Von wegen „im Namen des Volkes ergeht folgendes Urteil“. Solche Urteile sind sicher nicht im Sinne des Volkes. Sie werden von Leuten gefällt, die sich stets auf die Seite der vermeintlich Schwachen und Unterdrückten schlagen und dabei jeglichen Sinn für die Realität verloren haben. Oftmals ist es aber auch die schiere Angst, die Richter dazu bewegt, im Sinne einer gewissen Minderheit zu entscheiden.

Doch werfen wir zunächst einen Blick auf das oben erwähnte Urteil. Es geht um das Tragen eines Kopftuches bei der Arbeit. Im Grunde lässt sich das Kopftuch auf zwei Weisen betrachten. Entweder es ist ein gewöhnliches Kleidungsstück ohne tiefere Bedeutung, oder es ist ein religiöses, mitunter auch politisches Symbol. In vielen beruflichen Umfeldern ist das Tragen gewisser Kleidung schlicht unangebracht. Dazu gehören in den meisten Fällen z.B. kurze Hosen, bauchfreie Tops, aber auch jegliche Kopfbedeckungen. Meines Wissens hat sich noch niemand angeschickt, gegen diese Vorschriften Klage zu erheben.

Handelt es sich jedoch um religiöse Kleidung bzw. ist das Tragen des Kopftuches eine religiöse Praktik, so wiegt der Fall anders. Als erstes dürfte sich hier doch die Frage stellen, was überhaupt unter religiöser Kleidung verstanden wird. Wenn das Kopftuch unter den Schutz der Religionsausübung fällt, müsste dies doch eigentlich auch für die Mönchskutte, ja sogar für die Burka gelten. Ist das Tragen einer Burka auf der Arbeit erlaubt? Wie kann und darf da rechtlich unterschieden werden? Ist es möglich das Tragen der einen religiösen Kleidung zu erlauben, während das einer anderen aber verboten wird?

Aufgrund der gesetzlich garantierten Religionsfreiheit, darf ich mich nicht nur frei für eine Religion entscheiden, es steht mir sogar frei, eine neue Kirche zu gründen. Anhänger des Pastafarianismus (Religions-Persiflage) betrachten das Tragen eines Nudelsiebs auf dem Kopf z.B. auch als Ausübung ihrer Religion. Es dürfte aber zumindest fraglich sein, ob das Berliner Arbeitsgericht auch dann im Sinne der Klägerin entschieden hätten, wenn diese um ihr Recht auf das Tragen eines Nudelsiebs bei der Arbeit gekämpft hätte.

Halten wir also fest: Rechtlich gesehen ist es unzulässig, zwischen Religionen zu unterscheiden. In der Konsequenz müsste Arbeitnehmern das Tragen jeglicher religiöser Kleidung und Symbole bei der Arbeit erlaubt werden. Einschließlich der verrücktesten und absurdesten überhaupt vorstellbaren Kleidung. Wo soll das enden?

Betrachten wir nun mal die Sicht des Arbeitgebers. Kein Unternehmen kann es sich leisten, die Wünsche, Vorstellungen und Erwartungen der Kunden zu ignorieren. Das betrifft selbstverständlich auch die Außendarstellung und insbesondere bei direktem Kundenkotakt auch das Auftreten und das äußere Erscheinungsbild der Repräsentanten. Man stelle sich nur mal vor, eine ungepflegte, womöglich sogar noch stinkende Person mit zahlreichen Gesichtspiercings, -Tattoos, grünen Haaren und schwarzen bis nicht vorhandenen Zähnen bewirbt sich als Hotelfachfrau/-mann und wird prompt wieder nach Hause geschickt.

Ist das auch Diskriminierung? Schließlich hatte diese reizende Person ja gar keine Chance sich zu beweisen und wurde schlicht aufgrund von Äußerlichkeiten abgelehnt. Was unterscheidet diese Person von der Kopftuchträgerin? Sind doch schließlich beides Menschen! – Der einzige Unterschied ist, dass die eine Person ihre Religion offen zur Schau stellt, während sie bei der anderen unerkennbar oder nicht vorhanden ist. Warum wird der Religion in einem säkularen Staat eine solche Sonderstellung eingeräumt? Warum kann und darf es Unterschiede bei der Diskriminierung aus religiösen und nicht religiösen Gründen geben?

Eines ist doch ganz klar: Potentiell setzt sich ein Arbeitgeber bei der Auswahl seiner Angestellten stets dem Verdacht der Diskriminierung aus. In vielen Fällen wird es mehrere Bewerber unterschiedlicher Geschlechter, Hautfarben, Religionen, Haar-, Augenfarben usw. geben. Soll nun jeder, der abgelehnt wurde aufgrund eines Alleinstellungsmerkmals Klage erheben können? Wo soll das enden?

Darüber hinaus muss die Frage gestattet sein, warum das Recht der Frau auf die Religionsausübung am Arbeitsplatz höher eingeschätzt wird, als das Recht des Zahnarztes, im Interesse seiner eigenen Praxis über die Arbeitskleidung seiner Angestellten zu entscheiden. Im Prinzip ist eine Arztpraxis auch nur ein Dienstleistungsbetrieb und steht folglich in Konkurrenz zu Mitbewerbern. Sollten Patienten Anstoß an besagtem Kopftuch nehmen, geht das zu Lasten der Praxis.

Sofern das Recht auf die Religionsausübung am Arbeitsplatz schützenswert, ja sogar von größerer Bedeutung als die Arbeit selbst ist, so stellt sich auch hier wieder die Frage, wo das enden soll. Wäre es auch noch vertretbar im Büro oder sonst wo stündlich einen Teppich auszurollen und zu beten? Ist das noch Bestandteil des Rechts auf freie Religionsausübung? Falls nicht, warum nicht?

Könnte es womöglich sein, dass sich Arbeitskollegen und Kunden durch die Religionsausübung am Arbeitsplatz gestört, provoziert oder gar verletzt fühlen? Ja, das kann sogar sehr gut sein. Das Kopftuch ist zweifellos ein Symbol einer fundamentalistischen, mitunter sogar fanatischen Auslegung der Religion. Es ist einer freiheitlichen, aufgeklärten und säkularen Gesellschaft diametral entgegengesetzt. Das Tragen kann also durchaus als politisches Statement und als Angriff auf diese Gesellschaft und ihr Wertesystem ausgelegt werden.

Allein die Tatsache, dass die Frau nicht einmal für einen Job bereit ist, das Kopftuch nur während dieser Tätigkeit abzulegen, zeugt doch von religiösem Fanatismus. Niemand wollte hier Einfluss auf ihr Privatleben, ihre Überzeugungen oder ihre Religion nehmen. Es ging lediglich um das Auftreten bei der Arbeit. In dieser Kultur, in unserer aufgeklärten Gesellschaft, ist das Tragen eines Kopftuchs bei der Arbeit schlicht unangebracht. Wem das Tragen eines Kopftuches wichtiger ist, als der Job selbst, respektiert die Werte und Normen dieser Gesellschaft nicht und ist nicht Willens, sich zu integrieren. Ein solcher Mensch zieht sich in eine Parallelgesellschaft zurück.

Einer religiösen Fanatikerin Schadensersatz zuzusprechen, weil sie nicht bereit ist, sich anzupassen und zu integrieren, ist ein Skandal! Religion ist Privatsache! Sie hat am Arbeitsplatz nichts verloren. Und das ist auch gut so. Die Urteilsbegründung öffnet dem Wahnsinn Tür und Tor. Wie ausführlich erläutert, lässt sich nahezu jeglicher Wahnsinn unter dem Deckmantel der Religion rechtfertigen. Kinder werden verstümmelt, Tiere auf bestialische Weise geschächtet, Hass und Intoleranz geschürt... Wo soll das alles enden?

Es ist Aufgabe des Staates, die Bürger vor diesem Wahnsinn zu schützen. Gesetze, wie auch Religionen sind dazu da, den Menschen zu dienen. Nicht umgekehrt!

Donnerstag, 18. Oktober 2012

Neues aus der Servicewüste

In der Vergangenheit habe ich mich schon einmal auf die Telekom eingeschossen. Freilich bieten Großkonzerne immer genügend Anlass zur Kritik, die Telekom spielt hier aber noch einmal in einer ganz anderen Liga. Es gibt wohl kaum ein anderes Dienstleistungsunternehmen, bei dem Anspruch und Wirklichkeit so weit auseinander liegen.

Die Telekom ist stets bemüht, sich als innovatives Lifestyle-Unternehmen zu präsentieren. Ob als Trikotsponsor des dt. Rekordmeister Bayern München oder durch pathetische Werbeclips wie z.B. mit Paul Potts. Es gilt die Prämisse, das eigene Image durch die Nähe zu erfolgreichen und beliebten Personen aufzupolieren. Die Beliebtheit hält sich dennoch in engen Grenzen. Dabei zählt die Marketing-Abteilung der Telekom zweifellos zum Besten, was der Konzern überhaupt zu bieten hat.

Der Privatkunde war und ist leider nur eine Melkkuh für die Telekom. Das gilt insbesondere für Festnetzkunden. Anders als im Mobilfunk-Sektor werden die Kunden hier übrigens nicht mehr von Servicemitarbeitern kontaktiert, um ihnen teure Zusatzleistungen zu verkaufen. Der Schuss ging nämlich nach hinten los. Durch die Kontaktaufnahme wurden die Kunden animiert, über den eigenen Vertrag nachzudenken. Sie stellten fest, über Jahre hinweg völlig überzogene Preise gezahlt zu haben. Das Ende vom Lied war, dass die Telekom so manche Kuh an Wettbewerber verlor oder Kunden in billigere Telekomtarife wechselten.

Diese kleine Anekdote steht sinnbildlich für die Geschäftspraktiken der Telekom. Komisch, heißt doch eine der fünf Konzernleitlinien: „Kunden begeistern“. Meines Erachtens sind damit kundenorientierte Leistungen und ein bestmöglicher Service untrennbar verbunden. Das impliziert natürlich auch, dass Kunden nicht als Milchvieh gesehen werden. Und genau da knirscht es im Gebälk.

Wie in einem früheren Post erwähnt, riet mir eine Servicemitarbeiterin der Telekom sogar zu einem Anbieterwechsel, sofern ich mit ihren Leistungen nicht zufrieden sei. Das war aber offenbar gar kein verbaler Ausrutscher, sondern tatsächlich die gängige Antwort auf Kundenunzufriedenheit. In dem konkreten Fall forderte ich von der Telekom Geld zurück, das diese illegalerweise für ihren kriminellen Vertragspartner Jamba eingezogen hatte (siehe hier: Die Telekom und die Kingeltonmafia - Part II).

Das war aber keineswegs der letzte Konflikt mit dem Kundenservice. Nach meinem Vertragsende ließ ich meine Karte zunächst auf Prepaid umstellen, um das Erscheinen des neuen iPhones abzuwarten. Ja, ja, dazu mag man sich denken, was man will... Als feststand, dass das iPhone nur im Netz der Telekom LTE beherrscht, war ich sogar willig, bei der Telekom zu verbleiben.

Ich versuchte den Vertrag online abzuschließen, um mir 10 Prozent Onlinerabatt zu sichern und natürlich auch, um nicht wieder an diese unfreundlichen und inkompetenten Hotline-Agenten zu geraten. Allerdings war mir die Portierung meiner Rufnummer nicht möglich. Also doch die Hotline anrufen.
„Ja, das geht online nicht. Ist aber kein Problem, machen wir!“
Mit keiner Silbe wurde hier erwähnt, dass mir dabei der Onlinerabatt (immerhin 120 Euro) durch die Lappen ginge. Erst auf meine Nachfrage hin wurde dies eingeräumt:
„Der Onlinerabatt ist natürlich nur online verfügbar. Den gewährt man Ihnen nur, wenn sie uns von der Hotline nicht benötigen.“
Sehr lustig, wenn das online machbar wäre, bräuchte ich die ja auch nicht.

„Komm ins beste Netz“, oder wie war das noch? Ich bin bereits Prepaid-Kunde, will nun einen Laufzeitvertrag abschließen und mir wird der übliche Rabatt verwehrt? Ich werde also praktisch als Kunde vergrault? Geht es noch absurder? Ich habe mich auch noch einmal schriftlich an den Kundenservice gewandt und mir wurde bestätigt, dass man mir nicht entgegenkommen könne. Dann müsse ich meine Drohung eben wahrmachen und wechseln. Nun gut, scheiß auf LTE, dann gehe ich eben zu Vodafone. Und was ich da erlebt habe, unterschied sich um Welten von den steifen, kundenunfreundlichen, unflexiblen und eben so gar nicht innovativen Praktiken der Telekom.

Zunächst wollte ich mich nur mal telefonisch erkundigen, aber ich wurde quasi so freundlich gebeten, gleich den Vertrag abzuschließen, dass ich gar nicht anders konnte. Meine Frage nach dem Onlinerabatt, wurde mit einem freundlichen Lachen quittiert.
„Onlinerabatt oder Neukundenrabatt oder wie auch immer. Nennen Sie's, wie Sie wollen. Aber es wäre doch wohl blöde, wenn Sie jetzt erst auflegen und das dann alles selbst machen müssten, wo ich doch gerade schon dabei bin. Also Rabatt ist dabei, ist doch selbstverständlich!“

So geht’s offenbar auch. Eine weitere Sprachflat in ein Netz meiner Wahl ist übrigens auch noch dabei. Das ist doch mal ein Wort! Bei dem Angebot und dem freundlichen Service, nehme ich die etwas geringere Netzqualität im Vergleich zum Marktführer doch gerne in Kauf.

Aufgrund schlechter Erfahrungen mit der Telekom, habe ich mir übrigens angewöhnt, meine Verträge direkt nach Abschluss wieder zu kündigen, um die Frist keinesfalls zu versäumen. Vodafone bot mir direkt eine Gutschrift über 25 Euro an, wenn ich die Kündigung vorerst zurückzöge. Und wenn der Vertrag dann tatsächlich ausliefe, würde man mir auch ein ganz individuelles neues Angebot unterbreiten können.

Wahnsinn, ich bin total geplättet. Wer hätte gedacht, dass sich die beiden schärfsten Konkurrenten im Mobilfunksektor so gravierend von einander unterscheiden? Vodafone scheint zu leben, was die Telekom lediglich vorgibt zu sein. Und während man sich bei der Telekom noch gegenseitig auf die Schulter klopft und sich selbst abfeiert, kümmert sich die Konkurrenz tatsächlich mal ernsthaft um die Bedürfnisse ihrer Kunden. Chapeau!

Sonntag, 14. Oktober 2012

Hunting for Witches

Früher jagte ihn die Konkurrenz durch französische Berglandschaften, heute jagt ihn die USADA (United States Anti-Doping Agency). Doch anders als früher, konnte er seinen Gegnern dieses Mal nicht davonfahren, diesmal nicht. Dieses Mal haben sie ihn zur Strecke gebracht. Die Rede ist natürlich von der Radsportlegende Lance Armstrong.

Der siebenmalige Tour-Sieger hat offenbar jahrelang exzessiv und systematisch Doping betrieben. Ach wirklich? Das ist ja schockierend! – Leider kann ich meine Empörung nicht gebührend zum Ausdruck bringen. Den Medien gelingt es irgendwie besser, sich künstlich zu echauffieren und die Verbrennung der Hexe zu fordern.

Aber ehrlich gesagt, ist es doch wenig überraschend und damit auch alles andere als skandalös. Doping im Spitzensport war und ist leider allgegenwärtig, vermutlich gar alltäglich. In der Leichtathletik stehen immer wieder Weltklasseathleten oder gar ganze Nationen im Verdacht, systematisch zu dopen. Es ist bekannt, dass Sportler der DDR, der Sowjetunion und auch der USA bei ihren Spitzenleistungen gedopt waren und dabei von Funktionären der Verbände unterstützt wurden.

Der Radsport ist in Sachen Doping da keine Ausnahme. Vielmehr ist er die Speerspitze. Sozusagen die Gourmet-Dopingküche des Sports. Nicht umsonst „leidet“ ein Großteil der Radprofis angeblich an Asthma. Zur Behandlung ist nämlich der Einsatz von Cortison und Steroiden legitim. Beides sind leistungssteigernde Substanzen.

In den drei Jahren bevor Lance Armstrong zum Tour-Dominator und Seriensieger avancierte, trugen sich Bjarne Riis, Jan Ullrich und Marco Pantani in die Liste der Titelträger ein. Alle drei wurden mittlerweile des Dopings überführt. Nach Armstrongs Rücktritt siegten unter anderem Alberto Contador und Floyd Landis bei der Tour de France. Beiden wurden die Triumphe nachträglich aberkannt.

Weitere Spitzenfahrer wie Fränk Schleck und Alexander Winokurow erhielten ebenfalls Dopingsperren. Letztgenannter gewann übrigens bei den diesjährigen Olympischen Spielen in London – mit stolzen 38 Lenzen – völlig überraschend das Straßenradrennen. Auch im deutschen Radstall Team Telekom, um die Spitzenfahrer Jan Ullrich und Eric Zabel, war Doping in den 90er Jahren nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

Die Annahme, dass sich überhaupt jemand in der Weltspitze des Radsports behaupten kann, ohne auf illegale Substanzen und Praktiken zurückzugreifen, scheint schlichtweg utopisch und naiv. Kann es daher überhaupt noch überraschen, dass auch der Rekordchampion gedopt war? Es darf nicht mehr überraschen! Armstrong und weitere Kollegen wurden sogar vom internationalen Radsportverband UCI gedeckt, um das Image des Sports nicht weiter zu ramponieren.

Der Radsport ist zweifellos ein unsauberer Sport und ein höchst unmoralisches Geschäft. Doch wird das systematische Doping nicht durch die Rollen der Ärzte, Funktionäre, Betreuer, Verbände und Sponsoren überhaupt erst ermöglicht? Letztendlich müssen die Fahrer sich natürlich auch gegenseitig schützen und nach außen dicht halten. Nur in einem solch abgeschlossenen System ist Doping in diesem Ausmaß möglich. Und doch ist der Fahrer vermutlich das kleinste Rädchen in der Doping-Maschinerie. Entweder er versucht alles, um in die Weltspitze vorzudringen, oder er verschwindet wieder in der Versenkung.

Die Jagd auf den Rekordchampion gleicht einer Hexenjagd. In puncto Doping ist er eben nicht die erhoffte Ausnahme, sondern die Regel. Ja, Lance Armstrong war bei seinen Siegen gedopt. Seine ärgsten Konkurrenten jedoch ebenfalls. Armstrong war ein unglaublich ehrgeiziger Sportler, der sich nach einer schweren Krebserkrankung an die Weltspitze gekämpft hat. Allein das nötigt mir höchsten Respekt ab. Und während sich sein langjähriger Konkurrent Jan Ullrich die Weihnachtsgans schmecken ließ und Pfunde anfutterte, saß Armstrong längst wieder im Sattel und bereitete sich verbissen und akribisch auf die nächste Tour vor.

Man muss ihm auch zugutehalten, dass er seine Triumphe sowie seine Popularität stets für gute Zwecke nutzte. So hat seine Krebsstiftung Livestrong beispielsweise seit ihrer Gründung im Jahr 1997 bereits mehr als 470 Millionen Dollar an Spendengeldern gesammelt. Unvergessen ist auch seine sportliche Fairness, als er bei der Tour 2001 nach einem Sturz Ullrichs auf diesen wartete.

Armstrong war ein absoluter Ausnahmeathlet und seinerzeit schlicht der Beste in einem unsauberen Sport. In einem Spiel mit gezinkten Karten, gewinnt immer ein Falschspieler. Armstrong hat das Spiel gewonnen, aber er ist weder der Kartengeber, noch der Erfinder des Spiels. - Hate the sin, not the sinner!

Die wahren Schuldigen sind die Ärzte, die diese gefährlichen, verbotenen Substanzen entwickeln und den Sportlern verabreichen, die Funktionäre und Teammanager, die ihre Fahrer gleichermaßen ermutigen und decken, sowie die Sponsoren, die das Doping finanzieren.

Erbärmlich sind auch Armstrongs ehemalige Weggefährten, die nun für die Anklage auftreten. Sie alle hatten jahrelang die Möglichkeit, sich des Dopings zu verweigern und/oder die Schuldigen anzuklagen. Aber sie duckten sich lieber weg, machten mit und genossen es, in Armstrongs Schatten zu Ruhm zu gelangen. Armstrong jetzt ans Messer zu liefern, nur um die eigene Haut zu retten, ist feige und rückradlos.

Die entbrannte Hetzjagd auf Armstrong ist schlichtweg verlogen. Als versuchte man einer Hydra den Kopf abzuschlagen. Armstrong ist zweifellos eine Ikone des Radsports, aber vor und nach ihm gab es andere, die auf die gleiche unsaubere Weise triumphierten. Und sie alle hatten Komplizen und Hintermänner, die das Dopen ermöglichten, finanzierten und verschleierten. Das Wohl und Wehe des Radsports hängt also nicht von einem Schuldspruch Armstrongs ab.
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