Dienstag, 18. September 2012

Mein schlechtes Karma

Wer kennt sie nicht? Tage, an denen einfach gar nichts klappt. Murphys Gesetz besagt: Alles, was schief gehen kann, wird auch schief gehen. Oh und wie es schief geht, aber lassen wir den Tag in chronologischer Reihenfolge Revue passieren.

Heute Morgen entschied ich mich, ob des schönen Wetters das Rad zu nehmen. Wie sich erahnen lässt, kam ich nicht weit. Plötzlich fand keine Kraftübertragung mehr statt. Ich vermutete, dass die Kette abgesprungen war. Aber hier, wie überhaupt, kommt es anders, als man glaubt. Das kleine Umlaufrädchen für die Kette am hinteren Rad hatte sich verabschiedet. Das Rädchen konnte ich auf dem Rückweg wiederfinden, die Schraube aber blieb unauffindbar.


Okay, das Rad ist uralt und ein Billigfabrikat, aber das musste jetzt doch nun wirklich nicht sein. Gegen Abend wollte ich – wie es sich für einen pflichtbewussten Bürger gehört – mein Altglas in einem Container entsorgen. Dort angekommen, wie könnte es anders sein, fand ich völlig überfüllte Container vor. Das Glas quoll praktisch über, vor den Containern standen unzählige weitere Flaschen und Gläser, umringt von Scherben.

Wie gesagt, ich bin ein pflichtbewusster Bürger. Also habe ich mein Glas wieder mitgenommen. Aber nicht ohne einen verächtlichen Blick gen Himmel zu schicken. Stunden später brauchte ich Briefmarken. Ein reines Ärgernis, warum kann man nicht alles per E-Mail machen? Und das Handyporto ist unverschämterweise auch noch wesentlich teurer als klassische Briefmarken.

Also Post-App gestartet und nach Briefmarkenautomaten in der Nähe gesucht. Wir erinnern uns, das Fahrrad ist defekt und zum Laufen war es mir nun zu weit. Dritter Anlauf, dritte Fortbewegungsart. Dieses Mal sollte mich das Auto ans Ziel führen. Ich erreichte den Automaten unbeschadet, wollte mein Geld in den Münzschlitz werfen und musste feststellen, dass mir das nicht möglich war. Ganz toll! Wie naiv von mir zu glauben, der Automat könnte seine ihm bestimmte Funktion erfüllen. Bald darauf erblickte ich auf dem Bildschirm die Fehlermeldung: „Bargeldzahlung zur Zeit nicht möglich.“

Per App ließ ich mir den nächsten Automaten anzeigen. Zwei Kilometer weiter stand ich vor der nächsten gelben Teufelsmaschine. Und was soll ich sagen? Natürlich verspürte ich ein Unbehagen, so ein komischen Ziehen in der Magengrube, eine üble Vorahnung. Zwar passierten meine Münzen den Schlitz, aber leider nicht nur den. Kling, kling, kling, jede Münze fiel prompt durch. Wider besseren Wissens rieb ich die Münze am Metall und versuchte es erneut – natürlich vergeblich. Egal ob 5, 10, 50 Cent oder Euro-Münze, nichts, was der Automat nicht wieder ausspuckte.

Völlig entnervt und frustriert zog ich unverrichteter Dinge von dannen. Faustballend gen Himmel fluchend. Ihr verdammten... ach wer oder was auch immer: Fickt euch!!!

Donnerstag, 13. September 2012

Die Wulff im Schafspelz

Ja werden wir die denn nie mehr los? Diese Frage mag man sich angesichts der Berichterstattung der letzten Tage stellen. Nach Christian Wullf dominiert nun seine Frau Bettina die Schlagzeilen. Da ist mir ja fast die omnipräsente Knallcharge Heidi Klum mit der nicht enden wollenden Posse um ihr Privatleben noch lieber als die Wullfs.

Was nehmen die sich eigentlich raus? Haben die Deutschlands politisches Ansehen nicht schon genug besudelt und die eigene Bevölkerung noch nicht ausreichend brüskiert? Reichen 200.000 Euro Ehrensold etwa immer noch nicht aus, um sich aus der Öffentlichkeit rauszuhalten? Mit einem solchen Ruhegeld sollte der Jahresurlaub doch gesichert sein. Fortan muss sich die Familie nicht mehr bei „befreundeten“ Unternehmern auf Mallorca einquartieren. Dem Steuerzahler sei Dank!

Aber statt sich beschämt zurück zu ziehen, packt Bettina jetzt aus. Nein, nicht die Brüste. Fettes Brot hat den Song nicht für Frau Wulff geschrieben. Aber wer weiß, eine gehäufte Anzahl von Suchanfragen bei Google und diese Verknüpfung könnte vielleicht bald sogar als Autovervollständigung auftauchen.

Frau Wulff hat also ein Buch geschrieben schreiben lassen. Keine sechs Monate nach dem Rücktritt ihres Mannes, kommt nun endlich die ganze Wahrheit auf den Tisch. Na klar. Wenn nicht schon die Rekordzeit, in der das Buch entstanden ist, misstrauisch machen sollte, dann das Bunte-Image der Wullfs.

Während seiner Amtszeit klapperte Christian Wulff lieber medienwirksam die roten Teppiche der Republik ab, als sich zu politischen Themen zu äußern. Im Nachhinein war das aber vielleicht auch besser so. Denn wenn er doch einmal politische Reden hielt, dann hieß er beispielsweise völlig unreflektiert den Islam in Deutschland willkommen.

Was also sollte man jetzt von Bettina Wullf erwarten? Na, dass sie sich für den Erfolg ihres Buches anbiedert und hemmungslos verkauft. Möglicherweise bezieht sich Googles Autovervollständigung ja auch darauf. Jedenfalls hat Frau Wulff kürzlich Klage gegen Google und auch Günther Jauch eingereicht. Dass sie damit den Klagegegenstand überhaupt erst in den öffentlichen Fokus zerrt, dürfte ihr gar nicht ungelegen kommen.

Wer glaubt denn tatsächlich, dass sie ihr Image „reinwaschen“ will? Es geht um pure Aufmerksamkeit. Any publicity is good publicity. Das weiß auch die PR-Beraterin Wulff. Und so dürfte das mediale Echo die Buchauflage steigern und die wulffsche Kasse wieder klingeln lassen. Irgendwie sind die Wullfs so etwas wie die Beckhams von Großburgwedel. Bekannt wie ein bunter Hund und keiner weiß so recht warum.

Donnerstag, 6. September 2012

Precht – Eine ZDF-Inszenierung des Gala-Philosophen

Am Sonntag startete das ZDF seine neue Philosophie-Talk-Reihe mit Richard David Precht. Selbstverständlich nicht, ohne große Ankündigungen und Vorschusslorbeeren für den Bestsellerautor. Das Thema der ersten Sendung wirkte nicht weniger hochtrabend und reißerisch: „Skandal Schule – Macht Lernen dumm?“

Was Precht und das ZDF dem Publikum dann boten, waren jedoch Plattitüden und Parolen auf Stammtischniveau. 45 Minuten, in denen Precht und sein Talkgast, der Hirnforscher und Schulkritiker Gerald Hüther, vorformulierte Sätze wiedergaben und sich gegenseitig in ihrer vorgefertigten, undifferenzierten Meinung bestätigten. Die ganze Sendung stand im krassen Widerspruch zur geäußerten Kritik. Kreativität, Originalität und Frische fehlen offenbar nicht nur im Schulsystem, sondern in eklatanter Weise auch in Prechts eigener Sendung.

Zu leblos, zu gewollt, zu inszeniert war der Talk, als dass er es vermocht hätte, zu inspirieren. Alternative Ideen zum System oder gar Lösungen hatten die beiden nicht parat. Das Konzept der Sendung erinnerte eher an eine amerikanische Wahlkampfveranstaltung als an philosophische Gedankenspielchen. Der politische Gegner wird hemmungslos mit Schmutz beworfen, in der Hoffnung, sich beim Wähler auf diese Weise zu profilieren und in dessen Gunst besser zu stellen. „Negative Campaigning“ nennt sich diese Strategie - müßig zu erwähnen, dass es die primitivste und niederträchtigste Form des (Wahl)Kampfs ist.

In den Augen der beiden Chefkritiker hat das deutsche Schulsystem in dieser Form keine Zukunft. Potentiale der Kinder würden nicht nur nicht gefördert, sie würden sogar zerstört. Auch Kreativität und selbstständiges Denken seien unerwünscht. Ein solches System könnten wir uns gar nicht länger leisten, da das Lernen keinen Spaß machte und das Gelernte aufgrund fehlender emotionaler Verknüpfungen auch schnell wieder in Vergessenheit gerate. Vermittelt würden die falschen Inhalte von den falschen Leuten.

Hüther wartete sogar mit der äußerst eigenwilligen These auf, jedes Kind sei auf seine eigene Weise hochbegabt. Endgültig disqualifizierte er sich aber, als er eine Kausalität zwischen dem Schulsystem und Alkoholismus ausgemacht haben wollte. Von der Wissenschaft hatten sich Precht und Hüther zu diesem Zeitpunkt bereits meilenweit entfernt. Überhaupt, hatten sie es zu keiner Zeit darauf abgesehen, das Thema sachlich korrekt zu analysieren. Der interessierte Zuschauer wünschte sich verzweifelt ein Gegengewicht zu dieser einseitigen und oberflächlichen Systemschelte, wurde aber nicht erhört.

Das deutsche Schulsystem ist sicherlich reformbedürftig. Aber zunächst einmal muss doch die Frage gestattet sein, warum Änderungen nötig sind. War das Schulsystem immer schlecht? Wie ist es möglich, dass Deutschland trotz eines solchen Schulsystems z.B. eine Spitzenposition bei der Anmeldung von weltmarktrelevanten Patenten innehat? (Im Vergleich zu den USA sind es sogar doppelt so viele pro Einwohner)

Das System hat der Gesellschaft in der Vergangenheit also durchaus gute Dienste geleistet. Sind möglicherweise veränderten Rahmenbedingungen dafür verantwortlich, dass heute 5-10% der Schulabgänger ohne Abschluss bleiben? Vielen Schulanfängern fehlt es mittlerweile an den elementarsten Dingen: Erziehung und Sprachkenntnissen. Erziehung ist das Fundament jeglicher Bildung. Ist ein Kind nicht beschulbar, wird es die Grundlagen nicht erlernen können und jede höhere Bildung wird ihm verwehrt bleiben.

Ein bekannter Hundetrainer sagte kürzlich, dass man einem Hund kaum Schlimmeres antun könnte, als ihn nicht oder nur unzureichend zu erziehen. Der Hund wäre völlig unfrei, müsste ein Dasein an der Leine und im heimischen Umfeld fristen. Beim Menschen ist das kaum anders. Ein Kind, das keine vernünftige Erziehung genossen hat, nicht gelernt hat zu gehorchen, Autoritäten und andere Menschen zu akzeptieren, wird ebenfalls die Freiheit versagt bleiben, sich entfalten zu können.

Doch kann die Schule überhaupt mögliche Versäumnisse in der Erziehung und Lücken in der Primärsozialisation kompensieren? Die Primärsozialisation ist mit emotionaler Identifikation verbunden und daher prägender und tiefer verwurzelt als die sekundäre Sozialisation. Möglichkeiten der Schule, korrigierend einzugreifen sind also zumindest limitiert.

Schule sollte Anleitung zur Selbstbildung sein, darin waren sich immerhin auch die beiden Chefankläger einig. Dazu ist aber das Erlernen von Lese- und Rechtschreibkompetenzen sowie mathematischer Grundlagen unerlässlich. Und gerade diese Fähigkeiten eignet man sich nur durch ständiges repetieren an. Man kann den Kindern das Erlernen dieser Kompetenzen nicht freistellen. An dieser Stelle ist kein Raum für Kreativität. Eine Anleitung durch einen Lehrer ist hier wenn nicht notwendig, so doch zumindest sinnvoll.

Kinder müssen auch Kinder sein dürfen. Man sollte sie nicht mit den Problemen der Erwachsenen belasten. Das sind zwar auch Plattitüden, ich versuche jedoch, sie in den folgenden Sätzen mit Bedeutung zu füllen. Es dauert sehr lange, bis ein Kind selbst entscheiden kann, was gut für es ist. Und bis es soweit ist, müssen Eltern und Lehrer dies bestimmen. Kinder haben kein Selbstbestimmungsrecht und müssen auch nicht jede Erfahrung „selbstständig“ machen. Oder sollte ein Kind etwa selbst herausfinden, wie es am besten eine befahrene Straße überquert? Das Kind, dem das Überqueren beigebracht wurde, dürfte einen entscheidenden evolutionären Vorteil gegenüber anderen haben – es lebt!

Wenn der Grundstein zur Selbstbildung gelegt wurde, ist freilich ein selbstständigeres, kreativeres Lernen möglich und auch wünschenswert. Bis dahin ist es jedoch ein weiter und beschwerlicher Weg. Und um auf einem Gebiet herausragende Leistungen abrufen zu können, sind ständiges Training und unzählige Wiederholungen erforderlich.

Philosophisch war der neue Spät-Talk im ZDF wahrlich nicht. Doch Precht ist längst im Boulevard angekommen, hat es sich im Fernsehen gemütlich gemacht und lacht von Hochglanzseiten. Precht, das ist vor allem eine Marke. Ein Produkt der Kulturindustrie, das sich dem Publikum anbiedert und nach dessen Aufmerksamkeit und Anerkennung giert.
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