Dienstag, 2. Dezember 2014

Tugce: Ein sinnloser Tod, der fassungslos macht

Lange ist es still gewesen. Das liegt aber nicht daran, dass die Welt in der Zwischenzeit ein besserer Ort geworden wäre, nein, das sicher nicht! Aber manchmal fehlt einem einfach die Kraft, seine Stimme wieder und wieder zu erheben und man schimpft und ärgert sich nur im Stillen.

Nun ruft mich aber der gewaltsame Tod eines Menschen wieder auf den Plan, der sich eben nicht im Stillen geärgert hat, sondern für seine Überzeugung lautstark eingetreten ist. Und zwar nicht aus Eitelkeit oder persönlicher Betroffenheit, sondern um Dritte zu schützen. Die Rede ist natürlich von Tugce (man sehe mir nach, dass ich die besondere Schreibweise des Namens vernachlässige).

Mir fällt es schwer, in Worte zu fassen, warum mich das Schicksal dieser jungen Frau so bewegt. Es ist leider keine Seltenheit, dass Menschen - auch in Deutschland - eines gewaltsamen Todes sterben, nur weil sie zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Aber irgendetwas ist dieses Mal anders. Vielleicht liegt es daran, dass wir in den Medien so viel über Opfer, Täter und den Tathergang erfahren haben.

Und wenn ich jetzt schon wieder höre und lese, wie der Täter behauptet sie nur geohrfeigt zu haben, die Verteidiger später sicher das Aufschlagen des Kopfes auf den Asphalt als Todesursache präsentieren werden, dass der Täter im Gefängnis musizieren und Theaterspielen kann, besonders geschützt wird und womöglich noch mit einer Bewährungsstrafe davon kommt, dann bringt mich das schon wieder zur Weißglut!

Verdammte Scheiße, der hat einen Menschen auf dem Gewissen! Einen, den er nicht einmal kannte. Wenn jemand zum Beispiel seinen (Ex-)Partner umbringt, dann hat der Mörder ein Motiv für die Tat, eines, das sich ganz konkret gegen diese bestimmte Person richtet. Der Mörder stellt also i.d.R. keine Gefahr für die Allgemeinheit dar. Das soll nicht heißen, dass der Täter nicht bestraft werden sollte, aber er ist höchstwahrscheinlich resozialisierbar. Jemand, der wahllos Menschen attackiert, ist es nicht! Wann sehen das Gesetzgeber und Justiz endlich ein?

Als am Sonntag Frankfurts Seferovic sein 2:0 gegen Dortmund bejubelte, zeigte er ein T-Shirt mit dem er Tugce gedachte. Sky Kommentator Wolff-Christoph Fuss erläuterte den Zuschauern daraufhin den Hintergrund und wählte erfrischenderweise drastische Worte. Er sagte nicht, dass Tugce zu Tode gekommen sei oder etwas derartiges, er sagte, sie wurde ermordert. Und ich glaube, dass er dieses Wort nicht in Ermangelung des juristisch korrekten Terminus wählte.

Der Täter hat ihr ganz bewusst auf dem Parkplatz aufgelauert. Von einer Handlung im Affekt kann da keine Rede mehr sein. Auf dem Überwachungsvideo sieht man deutlich, wie er wie ein Kampfhund immer wieder die körperliche Auseinandersetzung sucht und sich von seinem Bekannten weder beruhigen noch zurückhalten lässt. Da der Täter selbst Auto gefahren ist, dürfte wohl auch kein Alkohol im Spiel gewesen sein. Zumindest ist davon noch nichts bekannt geworden. Heißt, der Täter war im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte (so gering diese auch sein mögen). Er hat schlicht eine ganz aggressive Grundhaltung.

Dank der Bild-Zeitung wissen wir einiges über diesen furchtbaren Menschen. Er stammt aus Serbien und es wurde schon in 15 Fällen gegen ihn ermittelt u.a. wegen Diebstahls und gefährlicher Körperverletzung. Also im Grunde ein ganz angenehmer Zeitgenosse. Ach ja, hat sich eigentlich mal jemand gefragt, warum er auf allen veröffentlichten Fotos teure Markenklamotten (von Tommy Hilfiger und Ralph Lauren) trägt und in einem BMW X6 (Neupreis vermutlich irgendwo jenseits der 80.000 Euro) vom Tatort geflüchtet ist? Nein? Ich frage mich schon, wie sich ein 18-Jähriger, der offenbar keiner geregelten Arbeit nachgeht (sonst wäre das ja vermutlich irgendwo erwähnt worden), einen solchen Lebensstil finanziert.

Und dass dieses Wesen einer legalen Tätigkeit nachgeht, die derart lukrativ ist, darf doch stark bezweifelt werden. Denn gut situierte Leute sind eigentlich nicht dafür bekannt, Haftbefehl zu hören, zu stehlen, nachts auf der Toilette bei McDonald's Frauen zu belästigen und andere zu Tode zu prügeln.

Man muss kein Prophet sein, um zu wissen, dass diese Tat kein Einzelfall war und dieses Wesen nicht resozialisierbar ist. Wahrscheinlich wird er nach Jugendstraftrecht verurteilt werden, was schon mal per se heißt, dass ihm höchstens zehn Jahre drohen. Und wegen guter Führung reduziert sich die Strafe dann ohnehin noch mal um die Hälfte. Gab es schon mal einen, der nicht wegen "guter Führung" Hafterlass bekommen hat? Selbst Charles Manson wurde als junger Erwachsener mal vorzeitig wegen guter Führung entlassen, obwohl er während dieser Zeit einen Mithäftling vergewaltigte. Ja und der Rest der Karriere dürfte ja bekannt sein.

Glaubt also wirklich jemand an eine Resozialisierung solcher Monster? Der kommt aus dem Knast raus und macht genauso weiter wie zuvor. Den Lebensstil, den er hatte - mit Markenklamotten und BMW X6 - kann sich so einer mit ehrlicher Arbeit doch niemals verdienen! Mal abgesehen davon, dass der mit dem Vorstrafenregister ohnehin nirgends eine Stelle bekäme. Er wird immer ein schädliches Element in dieser Gesellschaft bleiben und sofern er auf freiem Fuß ist auch eine Gefahr für die Allgemeinheit!

Es ist schön, dass die Menschen Tugce jetzt gedenken. Es ist irgendwie das Mindeste, was man für ihre Familie tun kann. Aber dabei darf es doch nicht bleiben! Tugce, eine junge Frau mit türkischen Wurzeln, ist für die Werte eingetreten, die wir in unserer Gesellschaft hochhalten! Für Demokratie, das Recht auf freie Meinungsäußerung und das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit (zunächst für die zwei bedrohten Frauen). Letzteres wurde ihr dann vom Täter genommen. Darüber darf man nicht Hinwegsehen!

Aber es ist so weit gekommen, dass man jeden Tag und überall in Deutschland um sein Leben fürchten muss, wenn man nur in der falschen Situation etwas Falsches sagt (also von seinem Grundrecht Gebrauch macht). Mit diesem Wissen wächst hier mittlerweile jedes Kind auf. Aber niemand tut etwas gegen den Missstand. Tugce war der festen Überzeugung, dass man die Welt verändern kann, sie war sehr engagiert und unterstützte auch die Erdogangegner im Heimatland ihrer Eltern.

Ich möchte voller Pathos sagen, dass wir es dieser mutigen Frau schuldig sind, in ihrem Sinne weiterzumachen und für eine bessere Welt zu kämpfen! Allein mir fehlt der Glaube. Wenn sich nichts ändert - und ihr Mörder nach ein paar Jahren wieder sein Unwesen unter uns treiben kann - dann war ihr Tod völlig sinnlos. Seien wir doch mal ganz ehrlich zu uns selbst. Würden wir Einschreiten, wenn eine körperliche Auseinandersetzung droht? Und würden wir unseren Kindern empfehlen, in einer solchen Situation trotzdem für die Gerechtigkeit einzustehen? - Nein, das würden wir nicht! Aus Angst, dass uns ein ähnliches Schicksal drohen könnte wie Tugce.

Ich bin nachts in Frankfurt am Hauptbahnhof mal in eine ähnliche Situation geraten, in der eine Frau von einem Mann belästigt wurde. Nachzulesen in meinem Blogpost über Mainhatten. Ich habe versucht, die Frau zu schützen, ohne eine körperliche Auseinandersetzung zu provozieren und hatte Glück, dass das situationsbedingt auch klappte. Doch das ist nicht immer so.

Wenn ich nun höre, dass sich die gesuchten Mädchen, die Tugce verteidigt hat, erst jetzt bei der Polizei gemeldet haben, dann wird mir übel. Und dann kommen sie noch mit so einer Ausrede daher wie: "Wir fühlten uns bisher nicht angesprochen." Ach nein? Habt ihr 14 Tage lang keine Zeitung angerührt, kein Newsportal aufgesucht oder Nachrichten geschaut? Und überhaupt, versteht sich das nicht von selbst? Hat Tugces Vater nicht völlig zurecht gesagt, dass sie es Tugce schuldig sind?

Ich möchte wetten, dass diese beiden Zeuginnen viel zu blöd sind, zu begreifen, was da eigentlich geschehen ist. Und viel mehr noch, dass sie Tugces Einsatz und Schutz gar nicht verdienten!

Die Quintessenz dieser ganzen Geschichte, könnte tragischer wohl nicht sein. Die Betroffenheit ist groß, auch bei mir, aber selbst wenn man Tugce posthum das Bundesverdienstkreuz verleihen sollte (Und ja das sollte man. Denn einen größeren und selbstloseren Einsatz für das Allgemeinwohl, als den des eigenen Lebens kann es wohl nicht geben.) wird sie das nicht zurückbringen können. Nichts wird der Familie und den Freunden Tugce je wiederbringen können. Die hübsche junge Frau starb durch die Hand eines Intensivtäters, der keinen Respekt vor Menschen, vor dem Leben hat. Sie wurde aus niederen Beweggründen ermordet. Mitten in Deutschland, auf einem belebten Parkplatz. Sie starb einen sinnlosen Tod.

R.I.P. Tugce

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