Montag, 13. August 2012

Wettbewerbshüter vs. ProSieben, RTL und Zuschauer


Da haben die beiden größten Sendergruppen Deutschlands endlich mal wieder einen Einfall, der sich nicht unter dem Begriff „Trash TV“ subsumieren lässt und dann werden sie vom Kartellamt ausgebremst. Wie es scheint, haben die Wettbewerbshüter jedoch immer nur Bedenken, wenn es um die Bestrebungen der Privatsender geht, während den Öffentlich-Rechtlichen zum Teil äußerst fragwürdige Geschäftsmodelle erlaubt werden.

Das Düsseldorfer OLG bestätigte kürzlich ein Verbot des Kartellamts, das der ProSiebenSat1 Media AG und der RTL Group die Gründung eines gemeinsamen Online-Videoportals untersagt. Viele TV-Formate sind zwar bereits online verfügbar, befinden sich jedoch verstreut in den zahlreichen Sender-Mediatheken, auf myspass oder myvideo. Eine Bündelung all dieser Inhalte auf einem zentralen Videoportal wäre also nicht nur erheblich userfreundlicher, sie trüge auch der Entwicklung Rechnung, Fernsehinhalte unabhängig vom jeweiligen Fernsehprogramm zu konsumieren.

Da das Portal bewusst offen gestaltet werden sollte, hätten auch andere Anbieter die Möglichkeit, ihre Inhalte zu präsentieren. Bei entsprechender Resonanz etablierte sich die Plattform sicher auch schnell auf Smart-TVs. Der Zuschauer bekäme ein Stückchen Macht über das Programm, würde zu seinem eigenen Programmdirektor. Es wäre eine kleine Revolution, eine Demokratisierung des Fernsehprogramms. Ein Gesichtspunkt, den die sogenannten Wettbewerbshüter völlig verkennen.  

In den USA gibt es ein solches Videoportal bereits seit 2007. Hulu ist ein Joint Venture von mehreren großen TV-Stationen und der Disney Group. Dort scheiterte das Unternehmen offenbar nicht an irgendwelchen Restriktionen. Die User freut’s!

Das Verbot hierzulande geht in erster Linie zu Lasten der User. Sie müssen weiterhin mit dem vorlieb nehmen, was die Sender ihnen im täglichen Einerlei von Trash-TV und Belanglosigkeiten so vorsetzen. Oder sie befolgen Peter Lustigs Rat und schalten einfach mal ab. Doch auch für die Privatsender wird die Entscheidung nicht folgenlos bleiben. Sie werden aller Voraussicht nach auf Dauer Zuschauer verlieren, denn die Lücke wird nicht unbesetzt bleiben.

YouTube bietet bereits Filme und Shows an. Vermutlich wird auch die nächste Generation von Smart-TVs (vlt. Android-TV oder Apple-TV?) mit umfangreichen Online-Videoportalen vernetzt sein. Durch ihr Veto schieben Kartellamt und OLG einer Win-Win-Situation für Zuschauer und TV-Stationen erst mal einen Riegel vor und dürften damit ganz nebenbei auch im Interesse der Öffentlich-Rechtlichen entschieden haben. Letztgenannte planen übrigens ebenfalls eine gemeinsame Online-Mediathek, müssen aber - anders als die private Konkurrenz - nicht fürchten, von den Wettbewerbshütern gestoppt zu werden.

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