Mittwoch, 29. Mai 2013

Angriff auf die Netzneutralität: Telekom kippt die Flatrate


Wie oft habe ich auf diesem Blog schon gegen die Telekom gewettert? Dieser Verein macht es einem aber auch wirklich, wirklich schwer, ihn zu mögen. Die Telekom ist quasi der FC Bayern der Telekommunikationsbranche, nur noch verhasster. Wenn überhaupt mögen vielleicht einige Mitarbeiter die Telekom und das liegt entweder an der Indoktrination (die Telekom feiert sich gerne selbst, das gehört zum festen Ritus) oder aber an der überdurchschnittlichen Bezahlung. Wer letztendlich den Wasserkopf der Telekom bezahlt? Klar, der Kunde!

Und jetzt will uns die Telekom auch noch einer der besten und wichtigsten Errungenschaften des Internetzeitalters berauben - der Flatrate. Warum "bombt" uns die Telekom nicht gleich zurück in die Internetsteinzeit und lässt uns alle wieder mit einer 64-kbit/s-Verbindung durch das Netz kriechen? Das Internet gehört heute zu den Grundbedürfnissen und es wird - da bin ich sicher - das Fernsehen über kurz oder lang als wichtigstes Massenmedium ablösen.

Apropos Fernsehen, das kann man heutzutage nämlich auch schon längst über das Internet beziehen. Jedenfalls dann, wenn man sich nicht in einem von der Telekom grundversorgten Einzugsbereich befindet, in dem eine 2000er-DSL-Leitung noch das höchste der Gefühle ist. Das Fernsehprogramm ist absoluter Bullshit, so viel ist mal sicher und deshalb ist es ja gerade eine schöne Entwicklung, dass man sich bei Video-on-Demand-Diensten ein zeitunabhängiges, individuelles Fernsehprogramm zusammenstellen kann.

Dafür bedarf es aber nicht nur eines schnellen Internetzugangs, sondern auch einer echten Flatrate ohne hinterlistige Drosselung. Wer bei seinem mobilen Internetzugang des Öfteren mal die Volumengrenze erreicht hat, weiß wovon ich rede. Selbst das gewöhnliche surfen ist dann praktisch unmöglich. Es dauert Ewigkeiten, bis sich Seiteninhalte aufbauen. An Musik- und Video-Streaming ist dann ohnehin nicht mehr zu denken.

Das interessiert die profitgeile Telekom natürlich herzlich wenig, weil der Kunde dort nämlich nicht als Kunde, sondern als Melkvieh gesehen wird. Kommen wir auf die harten Fakten der Volumengrenze, die Motive der Telekom und Obermanns dumm-dreiste Stellungnahme zu sprechen.

Die Volumengrenze liegt bei 75 Gigabyte, trifft ab sofort alle Neukunden und ab 2016 auch alle Bestandskunden. Der scheidende Telekom-Boss Obermann rechtfertigt diesen Schritt mit steigenden Datenumsätzen und somit steigenden Kosten und behauptet ganz nebenbei, dass lediglich drei Prozent der Telekomkunden von dieser Neuregelung betroffen seien.

Ja klar, da will uns Obermann aber wirklich für dumm verkaufen. Wenn es sich tatsächlich nur um drei Prozent handelte, dann wären die Mehreinnahmen doch verschwindend gering. Wozu dann diese Volumengrenze, wenn es doch im Prinzip gar keinen gibt, der über dieser Grenze liegt? Natürlich wird hier perspektivisch gedacht, denn im Jahr 2016 werden voraussichtlich viel mehr User über dieser Grenze liegen, Stichwort Internetfernsehen.

Im Übrigen ist diese Statistik vollkommen verfälscht, weil viele überwiegend ländliche Bereiche, in denen die Telekom der Grundversorger ist, mit so langsamen Verbindungen ausgestattet sind, dass die Kunden gar nicht die technischen Voraussetzungen haben, ein Datenvolumen von 75 Gigabyte auch nur annähernd zu erreichen.

Wer allerdings eine schnelle Verbindung hat und sich eben nicht mehr diesen Mist anschauen mag, den uns die Fernsehsender so vorsetzen, der wird vermutlich immer häufiger auf Internetinhalte ausweichen. Das Angebot von Video-on-Demand-Diensten wie maxdome, Watchever oder Lovefilm wächst stetig. Hinzu kommen Video-Portale wie MyVideo oder YouTube und Downloadportale wie iTunes oder Googles Play Store.

Auch große Sportevents wie die Fußball-Welt- und -Europameisterschaft können mittlerweile per Livestream im Internet verfolgt werden. Das sind riesige Datenmengen, die da anfallen. Eine zweistündige Fußballübertragung in HD-Qualität verschlingt beispielsweise etwa vier Gigabyte. Das bedeutet, man könnte nur 18 Spiele (oder 36 Stunden HD-Fernsehen) schauen, ohne dabei sonstige Internet-Aktivitäten wahrzunehmen und schon wäre die monatliche Volumengrenze erreicht.

Ein pikantes Detail habe ich bisher übrigens verschwiegen. Denn wer den Telekom-Fernsehdienst Entertain bezieht, der kann unbegrenzt Fernsehinhalte abrufen, die nicht auf sein Datenvolumen angerechnet werden. Heißt im Klartext, die Telekom will Internetkunden dazu bewegen drängen, eine kostenpflichtige Zusatzleistung (Entertain) zu beziehen. Gleichzeitig bietet die Telekom der Entertain-Konkurrenz (also z.B. den genannten Video-on-Demand-Diensten) an, ihre Dienste gegen entsprechende "Durchleitungs-Gebühren" wie das konzerneigene Entertain zu behandeln. Dann würde der anfallende Datenverkehr der Streaming-Dienste ebenfalls nicht auf das Datenvolumen des Kunden angerechnet.

Eine ziemlich linke Tour, um die Kunden abzuzocken und Mitbewerber zu benachteiligen. Und noch viel dreister ist es, dass sich Obermann vor die Presse stellt und die Volumengrenze unter vorgespielten, fadenscheinigen Gründen verteidigt, ohne dabei auch nur im Entferntesten die tatsächlichen Motive zu nennen. Wieder einmal will uns die Telekom für dumm verkaufen. Eine bodenlose Frechheit ist das!

Zwar bin ich schon länger kein Telekom-Kunde mehr, weder beim Mobilfunk- und schon gar nicht beim Festnetzanschluss, aber dennoch bringt mich dieses Geschäftsgebaren zur Weißglut. Außerdem könnte ich auch als Nicht-Kunde am Ende doch die Zeche zahlen, nämlich dann, wenn die Streaming-Dienste die von der Telekom verlangte "Durchleitungs-Gebühr" auf ihre eigenen Kunden umlegen sollten.

Und da die Telekom ihre Monopolstellung stets zum Nachteil der Endverbraucher missbraucht, trete ich entschieden gegen alles ein, was der Telekom mehr Macht oder Geld bringt. Aus diesem Grund habe ich auch die beim deutschen Bundestag eingereichte Petition 41906 für die Netzneutralität unterzeichnet. Wem die neuste Abzockstrategie der Telekom ebenfalls zu weit geht, der möge es mir gleichtun und die Petition unter folgendem Link unterzeichnen: Petition 41906
Die Mitzeichnungsfrist läuft noch bis zum 18. Juni 2013.

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