Dienstag, 13. Januar 2015

FIFA Ballon d'Or: Ein Trostpreis für Individualisten



Gestern wurde Ronaldo zum zweiten Mal in Folge zum besten Spieler der Welt gekürt und spätestens jetzt darf man sich doch fragen, was diese lächerliche Wahl überhaupt noch soll. Denn es lässt sich beim besten Willen nicht wirklich feststellen, warum Ronaldo schon wieder gewonnen hat. Im letzten Jahr hatte er keinen einzigen Mannschaftstitel vorzuweisen und in der Liga sogar 12! Treffer weniger auf dem Konto als Messi.

Heuer konnte er mit Real Madrid zwar die Champions League gewinnen, aber es blieb der einzige von drei möglichen und wichtigen Titeln. Im Pokal musste man sich Barcelona geschlagen geben, in der Liga landete man nur auf Platz 3. Nicht zu vergessen, das grandios schlechte Abschneiden bei der WM in Brasilien mit Portugal.

Letztes Jahr hat man ihn hochgejubelt, weil er quasi im Alleingang Portugal zur WM geschossen hat. Um dieses "Ereignis" noch in die Stimmabgabe einfließen zu lassen, hatte man bei der FIFA sogar extra die Fristen verlängert. Und gegen wen vollbrachte Ronaldo, respektive Portugal dieses Fußballwunder? Gegen Schweden! Aber nur, um dann bei der WM sang- und klaglos in der Vorrunde zu scheitern.

Und jetzt heißt es dann wieder, aber Ronaldo kann ja nichts dafür, dass Portugal so schlecht ist. Ach ist das so? Tatsächlich hat das Nationalteam von Portugal einen wahnsinnig hohen Marktwert von ca. 287,5 Millionen Euro (laut transfermarkt.de). Das ist der 18-fache Marktwert der schwedischen Nationalelf, der 7-fache des US-Teams und der 5-fache der Mannschaft von Ghana. Dass Portugal so schlecht ist, hat also durchaus auch mit Ronaldo zu tun, denn die Truppe ist vom Marktwert her mehr als wettbewerbsfähig.

Es ist schlichtweg lachhaft, dass der Weltfußballer in einem WM-Jahr selbige praktisch nur am Fernseher verfolgt hat. In 3 Spielen traf Ronaldo mal gerade ein einziges Mal. Und das in der 80. Minute des letzten Spiels, als das Ausscheiden für Portugal und den Gegner Ghana praktisch bereits besiegelt war. Unvergessen auch, wie der Weltfußballer im Gruppenspiel gegen Deutschland die Ein-Mann-Mauer Philipp Lahm bei einem Freistoß nicht überwinden konnte.

Schön, Ronaldo schießt viele Tore, das ist unbestritten, aber schaut man sich seine Statistik mal etwas genauer an, dann fällt auf, dass er selten entscheidende Tore schießt. In der Champions League erzielte er ab dem Viertelfinale 4 Treffer, von denen kein einziger entscheidend war. Es handelte sich um das 3:0 gegen Dortmund im Hinspiel, das 3:0 und 4:0 im Rückspiel gegen Bayern, als das Weiterkommen längst feststand, sowie das 4:1 per Elfmeter in der 120. Minute im Finale. Die entscheidenden Momente hatten insbesondere im hart umkämpften Finale - in dem sich Real erst in der Nachspielzeit in die Verlängerung retten konnte - mal wieder andere.

In der Liga erzielte er gegen die direkten Meisterschaftskonkurrenten Atletico Madrid und FC Barcelona in vier Spielen nur zwei Treffer, davon einen per Strafstoß. Und selbst in der laufenden Spielzeit, in der Ronaldo nach 17 Spieltagen schon 26 Tore auf dem Konto hat, zeigt sich, dass der Schein trügt. Von diesen 26 Toren, hatten lediglich 9 einen spielentscheindenden Charakter (ein Tor, das den Spielstand dreht z.B. Führungstor oder Ausgleichstreffer). Und von diesen 9 spielentscheindenden Toren erzielte er 6 per Strafstoß. Er traf also nur drei Mal entscheindend aus dem Spiel heraus. Das klingt plötzlich gar nicht mehr sonderlich herausragend.

Nicht zu vernachlässigen ist außerdem Ronaldos furchtbare Fallsucht. So hat er auch in dieser Saison schon wieder einige seiner Elfmetertore durch lächerliche Showeinlagen selbst "vorbereitet". Da soll noch einer auf Robben schimpfen. Eines Weltfußballers sind solche Schwalben jedenfalls nicht würdig!

Große Spieler zeigen sich in großen Spielen. Sie führen ihre Mannschaften zum Sieg großer Titel. Und da wird es bei Ronaldo doch recht dünn. Ich erinnere mich noch, wie die Presse Schweinsteiger despektierlich als "Chefchen" bezeichnet hatte und der Generation Schweinsteiger/Lahm das Fehlen großer Titel vorhielt. Dieser Bastian Schweinsteiger hat seine Mannschaften 2013 zum historischen Triple und 2014 zum Weltmeistertitel geführt. Und stieg durch seinen schier unbändigen Siegeswillen zum Finalhelden auf. Das ist ein großer Spieler!

Oder Manuel Neuer. Es gab in der Geschichte durchaus herausragende Torhüter, wie z.B.
Oliver Kahn oder Gigi Buffon. Neuer hat ihnen aber etwas voraus. Denn Neuer ist nicht nur der beste Torwart seiner Zeit, er hat das Torwartspiel auf ein völlig neues Level gehoben. Während die Welttorhüter vor ihm lediglich durch tolle Reflexe und Paraden glänzten, ist Neuer ein mitspielender Torwart, der sowohl als Libero, als auch in der Spieleröffnung nie zuvor gesehene Qualitäten zeigt. Was ist eine herausragende Leistung, wenn nicht die, das Spiel auf seiner Position zu revolutionieren?

Der beste Spieler ist nicht der, der regelmäßig das 4. oder 5. Tor für sein Team erzielt, sondern der, der seine Mannschaft zu großen Erfolgen führt und genau dann wie ein Blitzableiter, Turm in der Schlacht oder Feldherr agiert, wenn es die Situation erfordert. Da kann sich Ronaldo mit noch so viel Gold behängen, aber den Weltmeisterpokal wird er trotzdem niemals in die Höhe stemmen dürfen. Und da haben ihm herausragende Spieler wie Bastian Schweinsteiger, Manuel Neuer oder sein Teamkollege Sergio Ramos einiges voraus.

Ein Weltfußballer, der in zwei Jahren, in denen er diesen Titel trägt nur einen einzigen bedeutenden internationalen (Super-Cup und Klub-WM sind nicht wirklich bedeutsam) und keinen nationalen Titel gewonnen hat, ist ein Witz! So verkommt dieser Titel zum Trostpreis für Individualisten, deren Mannschaften in großen Spielen meist leer ausgehen. Es passt aber auch besser zum Typen Ronaldo, im Smoking, mit Brillis im Ohr und fetten Klunkern an den Fingern einen Titel mit fragwürdigem Ansehen für Individualisten entgegen zu nehmen, als in einem dreckigen, stinkenden Trikot und mit Cut unter dem Auge mit letzten Kräften den Weltpokal in den Himmel zu recken.

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